01/2024 von Klaus Kosack
Als Messe-Neuheit 2024 präsentierte Fleischmann in N einen Postwagen in Epoche III, der schon im Dezember 2023 auch ausgeliefert wurde. Es ist ein Schürzen-Postwagen aus dem Roco-Erbe.
Vorbild der Wagen
Mitte der 30er Jahre wollte auch die Reichspost hinter der neuen Entwicklung bei den Reisezugwagen der DRG nicht weiter hinterherhinken. Die letzten Neubauten der DRP aus den 20er Jahren hatten noch alle Oberlichtfenster und erinnerten doch sehr an die Abteilwagen aus Preußens Zeiten. Inzwischen war die Schweißtechnik weiter fortgeschritten, sodass keine Nietenwagen bzw. Wagen mit Holzaufbauten mehr gebaut werden mussten. So nahm man sich der Architektur und Inneneinrichtung der 35er Reisezugwagen an und entwarf einen Postwagen, der in diesen neuen Zügen passte. Bei den 39er Postwagen war neu, dass die Eingangstüren an den Wagenenden nicht mehr eingezogen waren, sondern mit der Wagenwand fluchten. Hier wurden bei den neuen Wagen das Drehgestell Görlitz III verbaut. Dieser Wagen wurde in zwei Versionen gebaut: Als Postwagen mit Seitengang und Faltenbälgen (Post 4ü) und ohne (Post 4e).
Die ab 1938 beschafften Reisezugwagen der DRB (wie sie nunmehr hieß) waren für 150 km/h zugelassen; die DRP wollte auch hier nachziehen und entsprechende Wagen bauen lassen. Auch hier lehnte man sich der Architektur der Reisezugwagen an und gab den Wagen, die innen ähnlich wie die 1936/37 gelieferten Wagen aussahen, zusätzlich eine Schürze. Im Dach hatten diese Wagen wieder für das Personal geliebten Oberlichtfenster, die in der Dachwölbung eingelassen wurden. Die Reichspost orderte rd. 500 Wagen 1939/40, wegen des Krieges wurden ab 1941 bis 1943 nur rd. 150 Wagen ausgeliefert; die Nachkriegslieferungen sahen sehr ähnlich aus. Die Wagen waren für 120 km/h zugelassen.
Nach dem Krieg hatte die Bundespost und Deutsche Post (DDR) beide Wagentypen der DRP im Bestand. Die DBP musterte die 39er Bauart bis 1976 aus. In der DDR hielten sich die Wagen bis 1982.
Eingesetzt wurden die Postwagen im Schnell-, Eil-Zugverkehr und zum Schluss auch im Nahverkehr (bei entsprechendem Postaufkommen). Hierfür wurde meist ein Wagen dem Zug beigestellt, der am Zuganfang oder –ende zusammen mit dem Packwagen eingestellt wurde. Häufig liefen die Postwagen nicht den ganzen Zuglauf mit, sondern wurden unterwegs abgekuppelt, meistens bei Lokwechsel. Ferner wurden je nach Bedarf ganze Postzüge gefahren. Diese bestanden in Epoche III und IV aus Postwagen, je nach Bedarf kamen Gepäckwagen der DB hinzu und auch noch schnell laufende gedeckte Güterwagen, wie z.B. den Glmmhs 57.
Ein Blick in den Zugbildungsplan A vom Sommer 1956 zeigen die Zusammenstellungen dieser Postzüge, hier genannt als Zuggattung „Expr“ (Zugnummern Expr 30xx), die für schneller laufende Postzüge vorbehalten war. 1956 war in den Expr viele Postwagen eingestellt, und auch jede Menge Umbau-Packwagen MPw4, den es mal von Roco gab und demnächst auch von Minitrix. Auch normale Packwagen waren dabei, ebenso wie gedeckte Güterwagen –hier wohl der Glmhs 50.
Postwagenkurse und –züge wurden in einem Postkursbuch veröffentlicht. Wurde nur ein Postwagen beigestellt, so wurde das auf der Kopfspalte in Rot vermerkt; Postzüge wurden in leeren Spalten des Kursbuches in Rot von Hand nachgetragen. In der Regel hielten die Postzüge nur an größeren Bahnhöfen und fuhren meistens in der Nacht. Wegen des Postaustausches (=Ladeverkehrs) hielten die Züge meistens länger als Reisezüge. So hielten Postzüge z.B. in Bonn Hbf etwa 10 Minuten, um die Pakete und Postsäcke auszuladen und Pakete und Post aus Bonn einzuladen. Die Postzüge konnten bei der DB bis zu 120 km/h schnell laufen. Zugloks waren daher Schnellzugloks der BR 01 oder 03, V 200, E 10 und E 41. denkbar waren auch Einsätze der BRn 23, 38.10 oder 39.
Zur Auflösung der Postwagen- Bezeichnungen: „a“ bedeutet Alles-Postwagen, worin alle Arten von Sendungen bearbeitet werden konnten; „b“ dagegen Briefpost, hier wurden nur Briefe während der Fahrt sortiert und in „c“ –Wagen wurden nur Pakete bearbeitet. Die Zahl nach dem Schrägstrich ist die Länge des Arbeitsraums im Postwagen.
Postwagen in Modell und Einsatz auf der Anlage
Den allerersten Postwagen gab es in N, wie so meist von Arnold. Allerdings mit einem Wermutstropfen gewürzt: Es war ein Modell des PwPost4ü-28, allerdings stark verkürzt. Der Wagen erblickte 1964 das Licht der N-Welt. Bereits 1960 hatte Arnold einen Neubau-Postwagen mit Blechfahrgestell im Programm, der nur 10,1 cm lang war, statt 16,4 cm.
Gehen wir weiter zu den Postwagen aus den 30er Jahren. Hier ein Bild der 35er Vorgänger-Bauart von Fleischmann.
Bereits seit 1982 beschäftigt sich Fleischmann mit Postwagen. Als Erstling erschien ein vierachsiger Postwagen Post4 b/17, der zu den Abteilwagen gehörte. Er ist ein klassischer Preuße mit Oberlichtfenstern. Passend zu den Schnellzugwagen der Bauart 35 erschien schon ein Jahr später der Post4e a/21,6. Dieser Wagen hat es bisher zu vier Varianten gebracht, davon drei ohne Faltenbälge und der einer (es war der erste) mit Faltenbälgen.
Der der hier zu besprechende Postwagen stammte ursprünglich von Roco, die 1980 eine Serie Schürzenschnellzugwagen in Epoche IV herausbrachten, incl. einem Postwagen. Der Epoche IV-Wagen blieb bis 2003 im Programm, merkwürdigerweise hat sich Roco nie dazu durchgerungen, den Wagen auch mal in Epoche III herauszugeben. Bis 2005 erschienen 7 Varianten, davon 4 der Reichspost und Nachfolger vor 1949.
Im Jahre 2013 erinnerte sich Fleischmann an sein Roco Erbe und brachte zusammen mit den Schürzenschnellzugwagen auch den Postwagen in Epoche II heraus; nach einem Jahr war er schon wieder verschwunden. Fleischmann hatte den Wagen eine Kurzkupplung spendiert.
Kommen wir zur Neuheit von 2019, dem Postzug mit der Artikelnummer #814509. Er besteht aus drei Varianten der o.g. Wagen. Hier eine Übersicht der Wagen:
Best.-Nr. |
Bauart |
Wagen-nummer |
LüP (Modell) |
Erstmals gebaut |
814509-1 |
Post4ü-35 a/21,6 |
4552 Ffm |
140 |
1982 |
814509-2 |
Post4ü-39 a/21,6 |
4797 Ffm |
140 |
1980 |
814509-3 |
PwPost4ü-28 |
100 004 Mü |
138 |
2005 |
Alle drei Wagen haben Revisionsdaten von 1957/58. Also waren die Wagen um 1958 unterwegs. Ein weiteres Detail zeigen die Wagenlauf-Anzeiger: Man kann Frankfurt- Würzburg- Nürnberg- München mit einiger Mühe entziffern. Ein Blick in den Zugbildungsplan „A“ vom Sommer 1956 zeigt, dass hierfür nur ein Zug in Frage kommt, nämlich der Expr 3002, der von Mainz über Würzburg und Nürnberg nach München fuhr. Unterwegs wurde am Zug fleißig rangiert: So setzte sich der Zug zwischen Würzburg und Nürnberg lt. Zugbildungsplan wie folgt zusammen: Lok- 4x Post4-2x Geh- Pw4- Post4- MPw- Gh. Zuglok müsste eine Ellok gewesen sein, denn die gesamte Strecke war 1958 elektrisch. So kommt nur eine E 10.1, E 17, E 18 oder E 41 in Frage.
Fleischmann schlägt für den Postzug die BR 23 vor. Loks der BR 23 mit Mischvorwärmer hatte das Bw Mainz, glaube aber kaum, dass die Loks über Frankfurt nach Würzburg über die Spessart-Steilrampe unter Oberleitung kamen. Höchstens wäre ein Einsatz bis Frankfurt Hbf möglich, denn dort war Kopfbahnhof und die Lok musste gewechselt werden und das nur bei Ausfall einer Ellok. Also hier kann der Modellbahner eine der o.g. Elloks als Zuglok auswählen, die es von Fleischmann, Hobbytrain, Piko oder Minitrix gibt/gab.
Es fällt auf, dass die Tür im Übergang bei dem Post4e-35 eigentlich überflüssig ist. Beim Original war die Tür mit einem Blech verschlossen. Der Übergang stammt wohl noch vom Reichspostwagen mit Faltenbälgen.
Weiter fällt auf, dass die Neuheit 2023 keinen Zuglaufanzeiger hat. Ob das vergessen wurde? Wenn man die 39er Postwagen vergleicht, zeigt sich, dass am Gehäuse wenig verändert wurde. So haben die Roco-Konstrukteure offenbar gute Arbeit geleistet.
Die Neuheit hat das REV-Datum 23.3.61, passt nur mit Augenzwinkern zu dem o.g. Postwagen-Set. Unter dem Posthorn steht noch die Bezeichnung 4-a/21,6. Das bedeutet, dass es sich um einen Alles-Postwagen handelt.
Eine weitere Frage galt, was Fleischmann mit den Roco-Wagen gemacht hat: Sie haben dem Wagen eine Kurzkupplung spendiert, was Roco seinen Modellen in den allermeisten Fällen verweigert hatte. Alles Weitere scheint unverändert: Bewegliche Trittbretter, die durch das Drehgestell angesteuert werden. Allerdings haben dadurch die Drehgestellwangen am Wagenende keinen Steg mehr, da muss man aufpassen, dass die Räder in den Drehgestellen dableiben, wo sie hingehören. Ferner ist dem Wagen ein Tütchen mit kurzen Faltenbälgen beigefügt, um den Postwagen am Zugschluss oder -anfang besser auszustatten.
Hier ein Bild der beiden Schürzenpostwagen von unten:
Man sieht, dass am Wagenboden nur das Firmen-Logo ausgetauscht wurde und am Ende der Ausschnitt für die KK-Deichsel eingebaut wurde und eine Kurzkupplungs-Kulisse verbaut wurde.
Fazit:
Hier wurde ein einzelner Postwagen geliefert, den es um 1961 beim Vorbild gab. Faktisch entpuppt sich der Wagen als Beschriftungsvariante des 2019er Postwagens aus dem o.g. Zugset. Damit sind inzwischen fünf Postwagen der 39er Bauart in allen Epochen ab IIc erschienen, darunter zwei von der Postphilatelie. Der Wagen passt bestens zu der Schürzenwagen-Garnitur #6260004 mit vier Wagen. Der aufgerufene Preis von 42 € ist noch akzeptabel.
Klaus Kosack
Literatur:
Zugbildungsplan „A“ vom Sommer 1956, Hrsg. DB
Deppmeyer/ Kirsch/ Wagner, Kleine Tyenkunde deutscher Bahnpostwagen, Stuttgart 2003
H. Miosga, 130 Jahre Bahnpost in Deutschland, in: Archiv für deutsche Postgeschichte, Heft 1/ 1980
K.Kosack, Bemerkungen zum neuen Schnellzug von Fleischmann - DM-Toys, 11/ 2023