05/2016 von Frank Heilemann
Nachdem ich letztes Jahr die stromlinienverkleidete 01 1061 testen konnte, hat Fleischmann nachgelegt und liefert nun unter der Artikel-Nr. 717474 die 01 1102 in blauer Lackierung, RBD-Beschriftung, dem irgendwann entwendeten Reichsadler als Zurüstteil, Dreilicht-Spitzenlicht, hochausgeschnittene Stromlinienverkleidung, vermutlicherweise Ölhauptfeuerung (mit Sound, Kohleschaufeln und flackernder Feuerbüchse), ohne Wappen von Bebra und ohne einem weiteren Bild über dem Wappen am Tender.
Sie fragen sich, was das für eine Variante ist? Es ist eine Museumslokausführung, aber auch nicht richtig vollständig.
Auf allen Fotos der 1996 aufgearbeiteten Museumslok, von verschiedenen Internetseiten, habe ich mehr oder weniger gut das Wappen und das erwähnte, leider nicht identifizierbare Bild, erkennen können.
Auch sonst hat man es sich die Neuheiten Erstellung einfach gemacht. Noch immer hat die Lok keine Kulissenführung und noch immer hängen die Litzen willenlos herum, nur sind es heute fünf dünne Litzen in verschiedenen, z.T. hellen, Farben. Schade!
Vorbildliches:
Doch lesen Sie einige Sätze zum großen Vorbild, bevor ich das Modell besprechen möchte.
Die Baureihe 01.10 ist eine Weiterentwicklung der klassischen BR 01 für den Geschwindigkeitsbereich 140 bis 150 km/h. Die neue Baureihe erhielt ein Dreizylindertriebwerk, da das bisher genutzte Zweizylindertriebwerk im Bereich von 120 bis 130 Stundenkilometern an seine Grenzen stieß. Zudem sollte die 01.10 eine komplette Stromlinienverkleidung bis auf 400 mm über Schienenoberkante erhalten.
Die Berliner Maschinenbau-AG (vormals Schwartzkopff) erhielt 1937 den Auftrag zum Bau der ersten Serie der 01.10.
Von den einst berechneten 400 Stück sollten schließlich zunächst 204 Lokomotiven gebaut werden, von denen kriegsbedingt nur 55 Stück tatsächlich produziert wurden, da dem Bau von kriegswichtigen Lokomotiven der Vorrang eingeräumt wurde.
Die Indienststellung der Maschinen erfolgte ab 1939 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h. Doch schon zwei Jahre später beschloss man, aufgrund von Wartungsproblemen, die Triebwerksverkleidung teilweise zurück zu schneiden. Mit diesem Umbau ging die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 140 km/h einher.
Die einst weit über das damalige Reichsgebiet verteilte Baureihe wurde 1944 in die westlichen Teile abgefahren, so standen zum Kriegsende alle 55 gebaute Maschinen im späteren Bereich der DB, allerdings in einem so desolaten Zustand, dass 1945 sogar die Ausmusterung der gesamten Baureihe verfügt wurde. Einzig der akute Lokmangel und die geringen Laufleistungen der Maschinen verhinderten dies. Bei der DB erhielten die Lokomotiven neue Hochleistungskessel, da der Ursprungskessel aus nicht alterungsbeständigem Stahl bestand. Zusätzlich entfiel die Stromlinienverkleidung und einige Loks bekamen in den späteren 1950-er Jahren eine Ölhauptfeuerung. Gerade die ölgefeuerten Loks liefen oft bis 1975, überwiegend noch im Schnellzugeinsatz, bei der Deutschen Bundesbahn.
Von den gebauten 55 Lokomotiven blieben 10 Stück erhalten, von denen aktuell zwei Stück betriebsfähig sind. Weitere drei Exemplare dieser Renner sind in einem mehr oder weniger betriebsfähigen Zustand, wie das Vorbild unserer 01 1102, die im Oktober 2004 einen schweren Schaden am mittleren Zylinder erlitt und nach Fristablauf erstmal wieder abgestellt blieb, auch wenn sie am 08.11.2013 nach Tschechien zu einer angeblichen Aufarbeitung überführt wurde.
Mehr über diese Dampflokbaureihe finden Sie im Internet unter http://de.wikipedia.org/wiki/DR-Baureihe_01.10 und speziell zur 01 1102 auf der Seite:
http://www.eisenbahnwelten.de/011102.htm#Serie1.
Digitalbetrieb:
Da es sich um eine werksseitig digitalisierte Lok handelt, entfällt der Teil zur Digitalisierung. Man kann wirklich die Lok auspacken und losfahren und das geht sehr gut. Doch was wäre eine Sound Lok, wenn man nicht früher oder später die Taste F1 betätigen würde?
Doch zuerst will ich die digitalen Fahreigenschaften besprechen. Da die 01 1102 erst in Fahrstufe 25 ihre Vorbildhöchstgeschwindigkeit von 140 km/h leicht überschreitet, habe ich auch bei dieser Lok auf die Änderung der Endgeschwindigkeit verzichtet. Zwar bringt es die Lok auf stolze 184,3 km/h in Fahrstufe 28, doch das lasse ich mal unberücksichtigt.
Die Anfahrgeschwindigkeit (Fahrstufe 1) ist sehr moderat (2,4 km/h) und Weichen dürfen über den abzweigenden Strang bis hinauf zur Fahrstufe 14 befahren werden. Das sollte reichen und bei meinen Tests hat die Lok es auf jeden Fall auch über Kunststoff-Herzstücke geschafft.
Mehr gibt es zur Betriebstauglichkeit nicht zu sagen. Meine ermittelten Messwerte können Sie wiederum der Tabelle bzw. der Grafik entnehmen. Die Lok erfüllt alle Forderungen, die erfüllt werden müssen.
Zum Sound gibt es ebenfalls nicht allzu viel zu sagen, lediglich empfand ich die Betriebsgeräusche in höheren Geschwindigkeitsbereich eher etwas unangenehm, allerdings kann das auch einfach wieder dem Kompromiss zwischen technisch möglichem (Resonanzkörper) und der Ausstattung mit Sound geschuldet sein. Die Miniaturlautsprecher, wie man sie nur in Spur N-Fahrzeuge einbauen kann, sind einfach nicht dazu geeignet einen HiFi-Sound zur Verfügung zu stellen.
Die folgenden Geräusche lassen sich abspielen:
F1: Betriebsgeräusche wie Kesselrauschen, Dampfstöße und Bremsen quietschen
F2: ein langer Lokpfiff
F3: diesen Sound darf es nicht geben, denn das Vorbild ist ölgefeuert, da gibt es leider kein Kohlenschaufeln und die Feuerbüchse geht vermutlich auch nicht auf, man sieht also keinen roten Feuerschein
F4: Injektor Geräusch
F5:Trillerpfeife des Aufsichtsbeamten am Bahnhof (alternativ des Zugbegleiters)
F7: Wasserpumpe
F8: Bahnhofsdurchsage
F10: sehr wichtiger Schalter, wenn Ihnen der Sound auf den Nerv geht
F11: Sicherheitsventil bläst ab
F12: Zylinder ausblasen
F13: Luftpumpe
F14: Kuppelvorgang
F15: Anfahrpfiff
F16: Sanden
F18: Lichtmaschine
Fazit:
Akustisch ein Leckerbissen, solange man nicht allzu schnell fährt, sonst werden die Fahrgeräusche eher eine Belastung für die Ohren. Fahrtechnisch ist die Lok soweit in Ordnung, da jedoch auch diese neue 01.10 den herkömmlichen Tenderantrieb besitzt, werden irgendwann die Treibachsen bei fahrender Lok still stehen. Bei meinem Test konnte ich dies zwar an diesem Exemplar nicht feststellen, doch das bleibt eine Frage der Zeit. Optisch gibt es leider für die Lok-Tender-Kupplung und die Kabelführung zwischen Lok und Tender deutliche Minuspunkte und wenn man schon eine Museumslok darstellt, dann bitte richtig, also auch mit Stadtwappen von Bebra und dem nicht identifizierbaren Bild über dem Wappen.
Diese zusätzliche Bedruckung wäre sicher auch nicht so ins Gewicht gefallen, zumal die 01 1102 ansonsten sehr spärlich beschriftet ist.
Frank Heilemann