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04/2015 von Frank Heilemann

Windschnittiger Sound BR 01.10

Windschnittig, aber dennoch mit einer moderaten Endgeschwindigkeit kommt Fleischmanns „neue“ Baureihe 01.10 mit Sound für die Epoche 2 (Nummer: 717473) daher. Neu bezieht sich jedoch nur auf die digitalen Komponenten, das eigentliche Modell hat technisch doch schon einige Jährchen auf dem Buckel, was spätestens beim Anblick des Lok-Tenderabstandes deutlich wird. Hier fehlt die Kulissenführung und auch die Leitungsverlegung der vier Adern von der Lok zum Tender ist nicht wirklich berauschend. Hierfür gibt es inzwischen schon andere Lösungsansätze. Auch die typische "Fleischmann-Schlepptenderlok-Krankheit" hat das getestete Modell immer wieder, während die Lok fährt, drehen sich die Treibräder nicht oder nur langsam.

Vorbild

Doch lesen Sie einige Sätze zum großen Vorbild, bevor ich das Modell besprechen möchte. Die Baureihe 01.10 ist eine Weiterentwicklung der klassischen BR 01 für den Geschwindigkeitsbereich 140 bis 150 km/h. Die neue Baureihe erhielt ein Dreizylindertriebwerk, da das bisher genutzte Zweizylindertriebwerk im Bereich von 120 bis 130 Stundenkilometern an seine Grenzen stieß. Zudem sollte die 01.10 eine komplette Stromlinienverkleidung bis auf 400 mm über Schienenoberkante erhalten.

Die Berliner Maschinenbau-AG (vormals Schwartzkopff) erhielt 1937 den Auftrag zum Bau der ersten Serie der 01.10.
Von den einst berechneten 400 Stück sollten schließlich zunächst 204 Lokomotiven gebaut werden, von denen kriegsbedingt nur 55 Stück tatsächlich produziert wurden, da dem Bau von kriegswichtigen Lokomotiven der Vorrang eingeräumt wurde.

Die Indienststellung der Maschinen erfolgte ab 1939 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h. Doch schon zwei Jahre später beschloss man, aufgrund von Wartungsproblemen, die Triebwerksverkleidung teilweise zurück zu schneiden. Mit diesem Umbau ging die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 140 km/h einher. In dieser Ausführung ist nun unser Fleischmann-Modell auf dem Markt.

Die einst weit über das damalige Reichsgebiet verteilte Baureihe wurde 1944 in die westlichen Teile abgefahren. So standen zum Kriegsende alle 55 gebauten Maschinen im späteren Bereich der DB, allerdings in einem so desolaten Zustand, dass 1945 sogar die Ausmusterung der gesamten Baureihe verfügt wurde. Einzig der akute Lokmangel und die geringen Laufleistungen der Maschinen verhinderten dies. Bei der DB erhielten die Lokomotiven neue Hochleistungskessel, da der Ursprungskessel aus nicht alterungsbeständigem Stahl gebaut wurde. Zusätzlich entfiel die Stromlinienverkleidung und einige Loks bekamen in den späteren 1950-er Jahren eine Ölhauptfeuerung. Gerade die ölgefeuerten Loks liefen oft bis 1975 überwiegend noch im Schnellzugeinsatz bei der Deutschen Bundesbahn. Von den gebauten 55 Lokomotiven blieben 10 Stück erhalten, unter Anderem auch das Vorbild der Fleischmann, die 01 1061.

Die 01 1061 wurde am 02. März 1940 abgenommen, erhielt 1953 bei Henschel in Kassel einen Neubaukessel und am 24.10.1957 die Ölhauptfeuerung. Bis zum 15.06.1975 legte sie 4,2 Millionen Kilometer zurück und schied schließlich, nach einem Sonderzugeinsatz von Westdeutschland nach Neuenmarkt-Wirsberg, zum gleichen Tag aus dem Betriebsdienst aus. Heute ist sie im Deutschen Dampflokmuseum zu bewundern. Mehr über diese Dampflokbaureihe finden Sie unter http://de.wikipedia.org/wiki/DR-Baureihe_01.10.

Digitalbetrieb

Da es sich um eine werksseitig digitalisierte Lok handelt, entfällt der Teil zur Digitalisierung. Man kann wirklich die Lok auspacken und losfahren und das geht sehr gut. Doch was wäre eine Soundlok, wenn man nicht die Taste F1 betätigen würde?

Sind Sie bereit für eine gedankliche Dampfzugfahrt?

F1 schalten wir also ein und schon hört man ein Kesselrauschen unserer, noch auf dem Wartegleis stehenden, Lok. Das Sperrsignal wird gezogen und mit F9 schalten wir den Rangiergang zu, langsam und mit starken Dampfstößen setzt sich unsere 01 1061 in Bewegung. Über Weichen und Kreuzungsweichen, die die Lok leider in den untersten Fahrstufen nicht immer so ganz meistert (besonders DKWs sind nicht ihr Ding), setzt sich unsere Zuglok an den Zug, die Bremsen quietschen (nur bei einer entsprechenden Verringerung der Geschwindigkeit). F14 simuliert nun die Arbeit des Rangierers. F9 wird  ausgeschaltet, schließlich soll es auf die Strecke gehen und unser Schnellzug hat eine stilechte Lok.

Die Minuten verrinnen, der Zeiger der Bahnhofsuhr springt auf die Abfahrtszeit, es ertönt die Bahnhofsdurchsage (F8), der Aufsichtsbeamte pfeift (F5) und unser Lokpersonal quittiert das mit einem Achtungspfiff (F15). Langsam und unter starken Dampfstößen beschleunigt 01 1061 unseren Schnellzug. Der Heizer hat nun Schwerstarbeit zu leisten, hören Sie nur, wie mit F3 Schaufel um Schaufel Kohle in der Feuerbüchse verschwindet, hierbei sieht man auch den Schein aus der Feuerbüchse.

Inzwischen ist die Streckenhöchstgeschwindigkeit erreicht, ein Tunnel kommt in Sicht und Sie betätigen F2, um einen langen Pfiff auszulösen. Ihr Heizer hatte heute einen sehr guten Tag und hat zuviele Kohlen in die Feuerbüchse befördert, der Druck im Kessel steigt und das Sicherheitsventil (F11) verhindert Schlimmeres.

Das Einfahrsignal unseres nächsten Haltebahnhofs wird gerade passiert, es wird Zeit zu bremsen, also verringern Sie nun Fahrstufe um Fahrstufe. Mit einem deutlichen Bremsen quietschen wird nun unserer Zug langsamer, bis er letztendlich am Bahnsteig zum Stehen kommt.

Hat sich doch schon ganz gut angehört und noch realistischer wollen wir unsere Modellbahn nicht unbedingt haben. Den Geruch von Dampf, Rauch und Öl sollten wir dann vielleicht doch besser draußen genießen.
Doch unser Modell kann noch ein klein wenig mehr und zwar in reiner Aufzählungsform:

F4 = Injektorgeräusche
F6 = Fahrtverzögerung
F7 = Wasserpumpe
F10 = wichtig, wenn Ihnen die Geräusche auf die Nerven gehen, mit dieser Taste werden alle Geräusche langsam ausgeblendet
F12 = Zylinder ausblasen
F13 = Luftpumpe
F16 brauchen Sie wenn es den Berg hinauf geht, damit können Sie gedanklich sanden
F18 schaltet die Lichtmaschine ein und aus

Soviel mal zum Hörgenuss, der sich ziemlich realistisch anhören dürfte. Und trotzdem, auf die Goldwaage sollte man keinen Sound in einer Lok legen, da einfach mangels Volumen in den winzigen Lautsprechern in unseren Loks gar nicht alles 100%-ig realistisch erklingen kann.

Fahrtechnisch ist die getestete Lok sehr gut eingestellt, in der Fahrstufe 1 fährt sie mit umgerechnet 1,9 km/h an, ein sehr guter Wert für eine Schnellzuglok. In der Fahrstufe 14 (40,1 km/h) dürfen Sie die abzweigenden Stränge Ihrer Weichen noch befahren (Langsamfahrt) und in Fahrstufe 26 liegen sie 1,8 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit des dargestellten Modells.

Da der Unterschied zur maximal erzielten Endgeschwindigkeit des Modells (167,6 km/h)  nur recht gering ist, habe ich auf die Umprogrammierung der CV5 verzichtet. Ein Auslauf ist nicht wirklich messbar, in Fahrstufe 24 rutscht die Lok ungefähr 2 cm in den stromlosen Abschnitt.

Fazit

Akustisch ein Leckerbissen, soweit dies technisch umsetzbar ist, fahrtechnisch soweit in Ordnung, optisch gibt es leider für die Lok-Tender-Kupplung und die Kabelführung Minuspunkte. Schön wäre es auch, wenn die Firma Fleischmann grundsätzlich die Problematik der nicht oder sich kaum drehenden Treibräder einer Schlepptenderlok in den Griff bekommen würde. Sicher, der klassische Tenderantrieb macht die Sache nicht leichter, aber vielleicht lässt sich konstruktiv doch irgendwie dieser Missstand korrigieren.

Frank Heilemann

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