12/2020 von Klaus Kosack
Schon vor 1850 war die Post ein treuer Kunde der Eisenbahn. Bot doch die Eisenbahn, Postsendungen aller Art schnell und kostengünstig von Ort zu Ort zu transportieren. Im Laufe der Zeit wurde der Transport mehr und mehr spezialisiert und die Sortierung der Sendungen erfolgten im Postwagen selbst. So war die Idee des rollenden Postamts geboren. An den Bahnhöfen wurden Postsäcke abgeliefert mit Sendungen in alle Welt und während der Fahrt sortierten Postbeamte die Briefe und Pakete nach Zielbereichen. Hierfür war u.a. die Postleitzahl ein wichtiges Hilfsmittel. Für diesen Zweck ließ die Postverwaltung spezielle Bahnpostwagen bauen. Im Inneren der Postwagen waren Säcke für die Zielbereiche aufgespannt, wo die Beamten die Sendungen hineinwarfen. Am Zielort wurde der betreffende Sack ausgeladen und ein neuer Sack eingespannt.
Vorbild
Anfang der 50er Jahre entschied sich auch die Bundespost, mit der Zeit zu gehen. Die DB hatte für ihre neuen Reisezugwagen als Standardlänge 26,4 m festgelegt, da wollte auch die Bundespost (DBP) nicht hintenanstehen und ließ Postwagen mit der neuen Standardlänge entwickeln. Die ersten Postwagen der Bauserie 1952/53 hatten alle keinen Übergang zu dem nächsten Wagen und waren alle Briefpostwagen. Dabei waren auch Steuerwagen. Weil sie aber selten genutzt wurden, baute man das Steuerabteil später wieder aus.
Ab 1955 beschaffte man Alles-Postwagen mit Stirnwandübergängen. So konnte man die Postwagen freizügiger in den Zug einstellen, bzw. zwei Postwagen zusammenkuppeln und so die Beamten besser einsetzen. Dabei war allerdings der Durchgang für Reisende verboten, aber Schaffner konnten den Wagen queren, falls erforderlich.
Von dieser ersten Bauart wurden von fünf Firmen insgesamt 72 Wagen beschafft. Für einen Wagen musste die Post 200.000 DM hinblättern. Spätere Lieferungen hatten breitere Türen und die letzten Serien waren für 160 km/h zugelassen. Insgesamt beschaffte die Post 160 Neubauwagen mit der neuen Standardlänge.
Das Wageninnere war in drei Abteilungen aufgeteilt: Zwei für die Brief- (Fein-) Verteilung und einen größeren Teil für die Postsäcke, wo auch Pakete bearbeitet werden konnten. Zudem gibt es eine Toilette, die von außen durch eine weiße Scheibe erkennbar war.
Der zunehmende Postverkehr durch Lkw wurden ab den 80er Jahren immer weniger Postwagen gebraucht. So überlegte die Post, die noch nicht zu alten Wagen zu verkaufen. Gesagt, getan: 50 Neubauwagen wurden an die DB verkauft, 15 Wagen gingen an die Deutsche Post in der DDR. Auch nach Österreich wurden Wagen verkauft.
Die DB übernahm ab 1983 50 Wagen, die sie für den geplanten Einsatz als Gepäckwagen umbauen ließ. So entstand die neue Bauart Dm 903. Ein wesentlicher Unterschied war das breite Rolltor auf jeder Seite. Die DB- Wagen durchliefen mehrere Farbspiele: Von Grün über Ozeanblau/Beige zu Verkehrsrot. Zwei Wagen wurden für die City-Bahn (Köln- Gummersbach) als Expressdienstwagen hergerichtet. Als man Wagen für den Transport von Fahrrädern brauchte, wurden 1996 einige der Dm 903 umgebaut und bekamen das Outfit von Nahverkehrswagen. Äußerlich wurde dabei wenig verändert. Die neue Bezeichnung der Wagen lautete Dd 498.2.
Wer hätte das gedacht, welche Karriere der Postwagen in 50 Jahren machte: Vom modernen Postwagen zum Pack- und Fahrradwagen.
Modell
Schon immer waren Postwagen eher Stiefkinder der Modellbahn-Industrie. So brauchte Minitrix ganze 56 Jahre, bis sie ihren zweiten Postwagen auf die Beine stellten. Der erste Postwagen war der Schürzenpostwagen Post4e/21, der 2000 erschien. Vier Varianten des Postwagens gab es und seit 2004 waren sie wieder in der Versenkung verschwunden. Vor 2000 gab es von Minitrix nur zwei PwPost-Wagen und zwar 1964 den PwPostLi bay 00 und 1979 den PwPost4ü-34. Beide Wagen brachten es auf 14 Varianten.
Im letzten Jahr erfreute uns Minitrix mit drei Postgüterwagen, die hier im Blog vorgestellt wurden: https://www.dm-toys.de/de/blogartikel/neue-postwagen-von-minitrix.html
Auch bei den anderen Herstellern spielen Postwagen eher eine untergeordnete Rolle. Umso erfreulicher war es, endlich einen neuen Postwagen anzubieten, den es in N noch nicht gibt.
Auf der Messe 2019 kündigte Minitrix den Postwagen an und zog auch gleich die Option, die Nachfolger und Vorgänger ebenfalls heraus zu geben. Die Nachfolger sind die verkauften Postwagen an die DP in der DDR, der Gepäckwagen Dm 903 und der Fahrradtransportwagen Dd 498.2. Angekündigt ist für 2021 die Epoche III Version im Betriebszustand von 1963. Die letzten drei Wagen gibt es als Einzelwagen.
Der Postwagen ist eine völlige Neukonstruktion. Er läuft auf Drehgestellen der Bauart Minden-Deutz 50, wobei ein Drehgestell einen Generator aufweist.
Der Wagen ist wie üblich aufgebaut: Fahrgestell mit Beschwerung; Gehäuse, Inneneinrichtung und abnehmbares Dach, was den nachträglichen Einbau der Beleuchtung vereinfacht. Allen Wagen ist ein Tütchen beigegeben: Im Tütchen sind Aufstiegstritte und Flaggen (leider in Silber), die an der Tür befestigt werden kann. Zuvor sollte die Fahne gelb und die Fahnenstange schwarz bemalt werden, denn es war beim Vorbild der Hinweis, dass sich im Wagen Personen befanden. Das hat man z.B. beim Abstellen oder Bereitstellung als Kurswagen gemacht.
Wie beim Vorbild hat der Wagen auf jeder Seite vier Türen, wobei drei der Türen als Schiebetüren nachgebildet sind. Angedeutet ist ein Briefschlitz, um Post von unterwegs einzuwerfen. An den Stirnseiten sind Rollverschlüsse zum Übergang zu anderen Wagen angedeutet. Wie damals üblich, hatten die Wagen Gummiwulst-Übergänge. Für das Personal gab es eine Toilette, die von außen Milchglas aufweist, ein Detail, das schon mal gerne von Herstellern vergessen wird.
Die Beschriftung ist sehr fein ausgefallen. Beheimatet sind die Wagen bei der OPD Stuttgart, Stuttgart Hbf. Auf der Zieltafel kann man den Umlauf 729 erkennen, bei den Zielorten lässt sich mit einiger Mühe Stuttgart, Offenburg und Ulm entziffern. Der Postwagen der DP hat kein Zuglaufschild. Auch hier konnte mit Mühe als Heimat die OPD Berlin, Berlin Hbf. (Ost) Post entziffert werden.
Beigepackt ist im Tütchen noch eine Kurzkupplungsstange, um zwei Postwagen kürzer zu kuppeln. Der Verpackung liegt ein Zettel bei, mit Hinweisen, wo die zusätzlichen Teile zu verbauen sind und die Info, dass der Betrieb im R1 mit der Kuppelstange nicht möglich ist, da sich sonst die Wagen verhaken können.
Konstruktiv und im Aufbau sind die Gex-Wagen der DP mit den der DBP identisch, nur die Inneneinrichtung ist verändert. Da diese Wagen ohne Personal fuhren, hat man auch das Klo ausgebaut.
Die Wagen rollen- wie von Minitrix gewohnt, sehr leicht. Auch beim Kuppelabstand mit der Standard-Kupplung gibt es wenig zu meckern. Hier Fotos vom Kuppelabstand der Wagen. Jedem Wagen liegen zwei Kuppelstangen bei, für die vier Wagen des Sets bekommt man acht Stangen, obwohl bei vier Wagen nur drei Stangen gebraucht werden. Die DBP-Wagen haben verschiedene Farben, wie in nachstehenden Fotos 14 und 15 ersichtlich
Abschließend noch ein Ausblick auf Verwandte des Postwagens: Wie schon erwähnt, kaufte die DB 1983 der Post 50 gebrauchte Wagen ab. Für dem Gepäcktransport wurde eine Schiebetür durch ein Rolltor ersetzt. Zwei der Wagen wurde für die City-Bahn (Köln- Gummersbach) als Expressdienstwagen abgezweigt. Diesen Wagen hat Minitrix für seinen City-Bahnzug realisiert.
Auch der Fahrradtransportwagen Dd 498.2 wurde bereits realisiert. Er entstand aus den umgebauten Dm 903, war modelltechnisch eine Farbvariante des Expressdienstwagens. Auch er ist bereits ausgeliefert.
Als letzter Wagen sei noch der Post4ümg-a/26 erwähnt, ein Wagen der Epoche III, Betriebszustand 1963.- Er soll erst 2021 in den Handel kommen. Dieser Wagen wird eine Beschriftungsvariante des Post mr-a/26 sein.
Einsatz auf der Modellbahn
Hier hat der Modellbahner zwei Optionen:
Als Postwagen in einem Reisezug, vornehmlich in D-Zügen. In Epoche IV zogen fast ausschließlich Diesel- oder Elloks solche Züge.
Oder in Sg- oder ExD- Zügen. Auf bestimmten Routen fuhr die Post mit eigenen Zügen, die meistens nachts fuhren und aus vielen Post-, Gepäck-Wagen und gedeckten schnelllaufenden Güterwagen bestanden. So wurde die Post zwischen Großstädten großräumig transportiert und der Empfänger konnte sicher sein, dass ihn die Post am nächsten Tag erreichte. Interessant ist der gelesene Hinweis, dass schon 1895 ein Brief von Königsberg/ Ostpr. den Empfänger in Köln am nächsten Tag erreichte. Über 1000 km an einem Tag! Das war auf dem Umschlag mit Stempeln dokumentiert.
Auch der „Gex“ in der DDR gehörte zu dieser Zuggattung. Auch hier in der DDR noch Dampfloks eingesetzt, Minitrix gab kürzlich eine 03.10 mit Ölfeuerung als 03.0 heraus, die gut zu dem Gex passt. Daneben waren auch Dieselloks und Elloks der DB und DR aller Art im Einsatz, soweit sie 100 oder mehr km/h schafften. In den 50er und 60er Jahren war bei der DB und DR auch die BR 41 mit von der Partie.
Oder man stellt den Postwagen auf ein Nebengleis im Bahnhof. Dort wartet er auf den nächsten Zug. Wer es größer mag, kann ja auch einen Postbahnhof nachbilden. Die MIBA Spezial 51 zeigt Beispiele hierfür.
Fazit
Endlich hat sich mal ein Großserien-Hersteller an eine Neuentwicklung eines Postwagens gewagt, einem Postwagen, den es in N noch nicht gegeben hat. Was kann Minitrix mit dem Wagen noch machen? Ab Mitte der 70er Jahre kam die neue Farbgebung ozeanblau/ creme in Mode. Auch Postwagen liefen mit dieser Farbgebung. Den Dm 903 gab es auch in Grün und ozeanblau/ creme. So haben wir mindestens drei weitere Varianten. Auch der Fahrradwagen Dd 498.2 gab es in weiteren Farben.
Klaus Kosack
Lit: Sonderheft Deutsche Bahnpostwagen, 25 Jahre Bahnpost-Wagen Archiv Nr. 22, Hrsg. BundesArGe Bahnpost, Salzhemmendorf 1998
Deppmeyer/Kirsch/Wagner, Kleine Typenkunde dt. Bahnpostwagen, Stuttgart 2003
Steindl/Wagner, Dt. Bahnpostwagen seit 1945, Stuttgart 2016
MIBA Spezial Nr. 51, Bahnpost, Nürnberg 2002
Klaus Kosack, Blog-Artikel bei DM Toys: https://www.dm-toys.de/de/blogartikel/neue-postwagen-von-minitrix.html