10/2024 von Klaus Kosack
1920 wurde die Deutsche Reichsbahn (-Gesellschaft) gegründet. Sie lösten nach dem verlorenen Krieg die vielen Länderbahnen auf Deutschen Boden ab. Die größte Länderbahn war die preußische Staatsbahn. Die meisten Nahverkehrswagen waren die 3-achsigen Abteilwagen, die es zu mehreren 10.000 Wagen brachten. Nach dem Krieg mussten über 5.000 Wagen an die Siegermächte abgegeben werden. So entstanden deutliche Lücken im Wagenpark, die zunächst mit Nachbauten der jüngsten Länderbahnwagen gefüllt werden mussten. Hinzu kam, dass nicht alle Länderbahnen die 4. Kl. führten. Nach 1918 kam man auf die Idee, den Abteilwagen die mittlere Achse zu entfernen und dafür das Fahrgestell mit einem Sprengwerk zu verstärken. So wurden die neuen Wagen geliefert. Das funktionierte ganz gut, zumal keine Beeinträchtigungen im Fahrverhalten festzustellen waren. Bei der Gelegenheit wurde auch die Architektur des Wagens verändert. So wurde u.a. auf das Laternendach verzichtet, ebenso die Bremserhäuschen. Heraus kamen die Einheitsabteilwagen, die ebenso wie ihre preußischen Vorgänger Holzaufbauten mit Sprengwerk und nach ein paar Probebauarten auch einen Stahlblechaufbau hatten, dann ohne Sprengwerk.
Vorbild
Von den Einheits-Abteilwagen eiserner Bauart wurden drei verschiedene Bauarten ab 1921 realisiert: BC-21, C-21 und D-21b. Kommen wir zu den Wagen im Einzelnen:
Der BC-21 hatte 4 ½ Abteile 3. Klasse mit zusammen 37 Sitzplätzen, in der 2. Kl. gab es 2 Abteile mit 13 Plätzen. Im Wageninneren gab es in beiden Klassen jeweils eine Toilette, die durch einen schmalen Gang begehbar war. So brauchte der Schaffner nicht außen von Tür zu Tür turnen, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Der Wagen hatte 6 Türen. Bestellt wurde der Wagen 1921, geliefert wurde er 1922/23 in 40 Exemplaren. Hier eine Fahrzeugskizze des Wagens.
Nach dem II. Weltkrieg verblieben bei der DB ca. 20 Wagen, bei der DR ca. 10 Wagen. Bei der DB wurde der AB-21 noch modernisiert, hatten aber kein langes Leben mehr. Die letzten Wagen wurden 1962 bei der DB ausgemustert, bei der DR hielten sich die Wagen gut 10 Jahre länger.
Wegen der vielen Türen setzte die DB die Wagen gerne im Nahverkehr großer Solitärstädte ein, wie z.B. in Hamburg.
Der nächste erwähnte Wagen ist der C-21. Der war auch beim Vorbild ein seltener Vogel, denn es wurden nur 10 Wagen gebaut. Offenbar wegen der vielen C3 Abteilwagen war kein Bedarf vorhanden.
Der letzte erwähnte Wagen ist der D-21b. Dieser Wagen wurde von 1922 bis 1927 in 927 Exemplaren gebaut. 1927 kamen weitere 200 Wagen hinzu, die nach den neueren Austausch-Baugrundsätzen gebaut wurden. Äußerlich unterschieden sie sich nicht vom D-21b. Warum die hohe Zahl der 4. Kl. Wagen? Ganz einfach: Nach 1920 wurde im Reich die 4. Kl. eingeführt und z.B. die süddeutschen Länderbahnen hatten keine 4. Kl.-Wagen im Bestand. So behalf man sich, ältere C3 Wagen in die 4. Kl. abzustufen. Daher gab es einen großen Nachholbedarf. Nach dem verlorenen Krieg und Inflation waren viele Leute verarmt und wichen daher auf die 4. Kl. aus.
Die Wagen hatten 2 Abteile, die durch einen schmalen Gang zwischen den Toiletten verbunden waren und hatten einfache Holzbänke. 66 Sitze hatte der Wagen. Ab 1928 hieß der Wagen Cd-21b, 1956 schaffte er noch die Aufstufung in Bd-21b. Bei der DB hielt sich der Wagen bis 1964, bei der DR sogar bis 1977. Auf jeder Seite hatte der Wagen 4 Türen. Wie der BC-21 hatte auch der 4. Kl. Wagen an einer Seite einen Kurbelkasten für die Handbremse. Hier eine Fahrzeugskizze des Wagens:
Passend zu den neuen Wagen wurde auch ein neuer Gepäckwagen entwickelt. In der Architektur lehnte er sich ein wenig an die Hechtwagen an und hatte auf einer Seite spitz zulaufenden Eingangsbereich, wo auch ein Abort für die Bediensteten eingebaut war. Da der Wagen auch bei den Donnerbüchsen eingesetzt werden sollte, hat er auf jeder Seite eine Übergangstür. Der Wagen wurde mit der Bezeichnung Pwi-23 in Dienst gestellt. Gebaut wurden von 1923 bis 1927 insgesamt 287 Wagen. Die letzten Wagen wurden bei der DB 1977 ausgemustert, bei der DR fünf Jahre später. Der Wagen hat auf jeder Seite zwei Ladetüren. Hier folgt eine Fahrzeugskizze des Pwi-23:
Modell
Bislang wurden die eisernen Bauarten nur von Minitrix produziert. Die Erstausgabe erschien schon 1972. Sie waren in Epoche IIIa gehalten, die Wagen zeigten alle die 2. und 3. Kl. Etwas ungewöhnlich war das Grün der Wagen. Das Grün wich doch deutlich vom Grün anderer Wagen der gleichen Epoche ab. Wie damals noch üblich, hatten alle Wagen keine Kurzkupplung. Hier Bilder der Erstausgaben:
In den Jahren 1986, 1990 und 1996 erschienen vier weitere Serien in DRG, DR, ÖBB und DB-Dekor. Das neue Wagenset (#18724) ist somit die fünfte Ausgabe des Wagens. Sie wird von der mhi (Märklin Händler Initiative) vertrieben. Insgesamt 24 Varianten hat Minitrix vom Cd-21 herausgebracht. Aber noch nie gab es den Cd-21 als 4. Kl. Wagen.
Es folgen Bilder der 96er-Ausgabe der eisernen Abteilwagen.
Alle Wagen haben den DB-Keks, aber beim AB-21 fehlt noch der gelbe 1. Kl. Strich über den Fenstern und Türen. Es sind die ersten Wagen mit Kurzkupplung.
Kommen wir zur Neuheit 2024, die wie bereits erwähnt, auf der Packung das „mhi“-Logo gedruckt ist. Die Wagen des Sets sind einzeln in Schachteln verpackt und die vier Wagen sind zusammen in einer Papp-Schachtel verpackt. Jede Plastik-Schachtel trägt eine eigene Nummer, wie z.B. #18724-01 für den 1. Bd-21 usw., der Packwagen hat die Nummer #18724-04. Da die Inlets in den Schachteln identisch sind, sollte man die Schachteln innen beschriften. Gegenüber der Ausgabe 1996 hat sich kaum was verändert, somit sind sie Beschriftungsvarianten. Hier Bilder der drei Neuheiten:
Wenn man sich die Fensterrahmen der Wagen ansieht, stellt man fest, dass bei der Erstausgabe noch Holzrahmen nachgebildet waren, obwohl die Wagen alle (unsichtbare) Metallrahmen besaßen. Das war damals dem Geschmack der Hersteller geschuldet, die glaubten, gelbe Rahmen sähen besser aus und Modellbahner wollten das. 1996 war dieses Manko ausgemerzt, seither sind bei allen Abteilwagen Metallrahmen nachgebildet.
Hier noch ein paar Detailbilder der neuen „Eisernen“:
Der Kuppelabstand ist in Ordnung und beträgt ca. 3 mm. Auf der Clubanlage fuhren die Wagen ohne ungewolltes Entkuppeln.
Einsatz auf der Modellbahn
Sicherlich ist ein 4-Wagenzug im Vorort-Verkehr etwas dürftig. Beim Vorbild waren 8 bis 9 Wagen normal, wie Fotos aus Hamburg von Hollnagel zeigen. Ergänzen kann man den Zug mit Donnerbüchsen oder wer es moderner liebt, mit Umbau 3-achsern. Die Wagen haben das Laufschild Hamburg-Altona- Lübeck.
Welche Loks zogen in der BD Hannover die Nahverkehrszüge? Lt. Fotos waren Dampfloks der Baureihen 78 (T18), 74.4 (T12) und bei längeren Zügen auch die BR 50 dabei. Auch Loks der Baureihen 38.10 (P8), 86 und 64 sind nicht verkehrt. Diesellok-Fans können die damals neue V 100.10 einsetzen. Elloks nicht, denn in Hamburg lag um 1960 noch keine Oberleitung.
Fazit
Wieder einmal hat Minitrix für die mhi ein Wagenset aufgelegt, das nach dem Hamburger Vorbild nachempfunden ist. Alle Wagen haben ein Revisionsdatum von 1958. An der Modellumsetzung gibt es wenig zu kritisieren, was für den Formenbau von 1972 spricht. Zu diesem Wagenset kann man Minitrix nur gratulieren. Einen Wermutstropfen gibt es trotzdem: Ambitioniert ist der Preis: Der UVP beträgt 159 €, das sind fast 40 € pro Wagen. 1973 waren die Wagen noch für 7 DM zu haben, ein elftel des heutigen Preises…
Klaus Kosack
Literatur:
J. Deppmeyer, Reisezugwagen der DRG- 1921 bis 1931, Freiburg 2018
U. Kandler, Mit Walter Hollnagel durch Hamburg, Freiburg 2011