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02/2021 von Klaus Kosack

Neuer Rungenwagen Rlmms 56/ 58 von Fleischmann

Neuheiten Fleischmann (rechts und links) – Mitte Roco

Im Januar 2021 lieferte Fleischmann einer seiner Messe-Neuheiten 2020 aus. Es waren Rungenwagen mit und ohne Bremserstand, sowie mit verschiedenen Rungen. Darunter waren auch Wagen mit Drehrungen, verschiedener Bahngesellschaften. Da Roco den Wagen auch schon mal im Programm hatte, stellte sich die Frage, ob der neue Rungenwagen wirklich eine Neukonstruktion (so Herstellerangabe) ist, oder nicht doch ein Abklatsch des Roco-Wagens ist.

Vorbild

Schon früh in der Länderbahnzeit wurde dieser Güterwagentyp entwickelt. Sie dienten in erster Linie für sperrige Güter, die nässeunempfindlich sind. Falls doch, konnte man bei Bedarf eine Plane über den Wagen ziehen. Alle Rungenwagen hatten die Eigenschaft, etwas länger als andere Güterwagen zu sein.

Den Ursprung dieser Güterwagengattung waren die Plattformwagen. Die Länge orientierte sich zuerst an den Schienenwagen, die die damals gebräuchlichen 10 m Schienen zu transportieren hatten. Erst ab 1911 gab es das „R“ für diese Wagenbauart. Der älteste Rungenwagen stammte von der K.P.E.V. aus dem Jahre 1884, der mit 10 t beladen werden konnte und eine Länge von 10,12 m aufwies. Nach mehreren Weiterentwicklungen beschaffte man ab 1913 den Rungenwagen A4 als Verbandbauart. Mit 36.000 gebauten Wagen war er der häufigste Rungenwagen in Deutschland. Er wurde bis 1927 gebaut. Ohne Handbremse war er 11,5 m lang und konnte mit 15 t beladen werden. Bei der DRB firmierte er als R Stuttgart; die DB taufte ihn in R 10 um, bei der DR als R 61. Einzelne Wagen erlebten sogar noch die UIC-Ära und liefen als Kklm 431 auf den Schienen.

Der Nachfolger R 20 brachte es nur auf 1.635 Wagen. Dessen Nachfolger, der Rmrs 31 wurde von 1937 bis 1942 gebaut und kam auf 23.900 Wagen, wobei die jüngeren Wagen bereits für Wehrmachtszwecke gebaut wurden. Er war 12,1 m lang und konnte mit 20 t beladen werden. 1942 wurde er überarbeitet und kam als Kriegskind Ulm, später Rmms 33 zur Welt. 2 t Stahl pro Wagen konnte eingespart werden. Nach dem Krieg wurden jedoch die Wagen verstärkt. Von diesem Wagen wurden rd. 12.800 Wagen gebaut. Alle hatten ein räumliches Sprengwerk. Etwa ¼ der Wagen hatten einen Bremserstand.

Der Wagen war bei der Wehrmacht beliebt und wurde gerne eingesetzt. Das galt auch für den Nachfolger R „Ulm“, später Rmms 33 genannt.

Vorbildskizze des Rlmms 56/58 –Quelle DV 939d, Ausgabe 1967

Bei der DB wurden nach wie vor Rungenwagen gebraucht und die DB ließ 14.200 Wagen ab 1955 der Bauart Rlmms 56 bauen. Der Wagen war mit 13,86 m nochmals länger und konnte mit max. 28,5 t beladen werden. Das reichte aber immer noch nicht: 1959 beschloss man ältere Rungenwagen zu Rlmms 58 umzubauen. Hiervon wurden knapp 10.000 Wagen in den AWs umgebaut, wobei die Hauptmasse des Wagens vom Rlmms 56 übernommen wurden. Die beiden letztgenannten Rungenwagen sind bis heute im Einsatz. Ab 1989 vermietete die DB beide Wagentypen an die DR, die aber 1993 wieder an die DB AG zurückkamen.

Der Rlmms 56 hatte ursprünglich die Nummern 436 000 bis 481 999 (mit Lücken), der Nachfolger Rlmms 58 die Nummern 445 000 bis 453 999.

Anfangs waren die Rungen stabile Holzbretter, ab der Bauart Rmrs 31 wurden sie nach und nach mit Stahlrungen ersetzt, nach 1938 gab es keine neuen Rungenwagen mehr mit Holzbrettern als Rungen. In Epoche IV und V kam man zum Schluss, dass nicht für alle Beladungen hohe Rungen erforderlich waren. Daher ersetzte man sie durch kürzere Rungen. Damit das Ladegeschäft noch weiter verbessert werden konnte, baute man Drehrungen ein, die beim Ladegeschäft abgeklappt werden konnten.

Ab Mitte der 50er Jahre fuhren Rungenwagen aller Gattungen auch ohne Rungen als Niederbordwagen. Bei längerem Einsatz ohne Rungen erhielten die Wagen das Nebengattungszeichen „o“, also statt Rlmms dann Rlmmso.

Modelle des Rungenwagens in N

Dieses Mal machte Minitrix den Vorreiter, schon 1965 kam der erste Rungenwagen heraus. Es war ein gut geratener R 10, der ein Metall- Fahrwerk aufwies und ein Plastik- Gehäuse. Leider waren die Rungen sehr dünn, sodass man heute selten Rungenwagen gebraucht erwerben kann, die vollständig sind. Wegen der damals üblichen Stummelpuffer war er geringfügig zu kurz geraten. 1969 verschwand der Wagen wieder aus den Katalogen. Er hatte keine Beschriftung, dafür das charakteristische Sprengwerk.

Minitrix R 10 (1965)

Der nächste Hersteller war Roco mit seinem R 20. Im Vergleich zum Minitrix R 20 bzw. Rmms 33 war er maßstäblicher und auch mit Bremserhaus (einziger N-Wagen) erhältlich war. Den Rocowagen gab es seit 1972 und war bis 2002 lieferbar. Der Minitrix-Wagen war über 15 % zu kurz.

Roco R 20 mit Bremserhaus (1972)

2003 gab es eine Doppelentwicklung des Rmrs 31: Minitrix und Fleischmann stellten den Wagen mit (Minitrix) und ohne Bremserstand (Fleischmann) vor. Die Wagen werden bis heute mit verschiedenen Ladungen hergestellt. Bislang hat Fleischmann den Rungenwagen in 9 Varianten alle ohne Bremserbühne und 15 Niederbordwagen Rmso 31 mit und ohne Beladungen herausgebracht. Dazu kommen 3 Niederbordwagen mit Bremserbühne und eben die Form-Neuheit Rms 31 mit Bremserbühne. Macht zusammen 28 Wagen der Bauart. Damit hat Fleischmann alle möglichen Grundvarianten ausgeschöpft. Übrigens, alle Rungenwagen von Fleischmann haben Stahlrungen, während die Minitrixwagen noch Holzbretter als Rungen haben.  

Minitrix ist dagegen auf dem halben Wege stehen geblieben. Bislang haben sie den Rungenwagen nur mit Bremserbühne gebaut. Insgesamt 29 Varianten sind bisher erschienen. Den Niederbordwagen Rmso 31 gibt es nur ohne Bremserbühne. Dafür haben sie auf den Wagen 31 verschiedene Beladungen gezaubert. Alles im Allem gibt es 60 Varianten des Wagens.

Fleischmann Rms 31 mit Stahlrungen
Minitrix Rms 31 mit Bremserstand mit Bretterrungen

Kommen wir zur Neuheit 2021, den Rlmms 58/56. Zur Verfügung standen die Wagen #825730, #825733 und #825738.

Auch dieser Wagen ist kein Unbekannter in der N-Welt. Der erste Hersteller war Roco, der mit dem Rungenwagen Rlmms 56 schon 1972 erschien. Bis 2004 erschienen sage und schreibe 77 Varianten, meistens als Beladungsvarianten. Bis zum Ende von Roco konnte sich die Firma nicht dazu durchringen, den Wagen mit Kurzkupplung anzubieten. Zwei Jahre später folgte Arnold. Diese Firma war „Weltmeister“ in Beladungen. Bis dieses Jahr erschienen 107 Varianten des Wagens, meistens mit verschiedenen Beladungen (Fahrzeuge, Röhren, Holz, Planen usw.). Den Wagen gab es auch ohne Rungen, als Niederbordwagen Rlmmso 58, zuletzt mit zwei Hanomag- Traktoren beladen. Im Gegensatz zu Roco hat Arnold seinem Wagen eine Kurzkupplung spendiert. Der zweitjüngste Hersteller ist Hobbytrain, der mit seinem Rlmms 58 im Jahre 2011 gleich mit einem 20er Display auftrat.

Hobbytrain Rlmms 58 mit Röhren beladen
Arnold Rlmms 58
Roco Rlmms 56 mit Stämmen beladen

Wie schon erwähnt, überraschte Fleischmann mit seiner Rungenwagen-Neuheit auf der Messe 2020 und ist damit der jüngste Hersteller.

Das Grundprinzip im Aufbau aller Wagen ist gleich: Rahmen mit Sprengwerk- als Spritzling eingesetzt- und Wagenaufbau mit und ohne Rungen. Für die Variante mit Bremserstand mussten längere Puffer eingebaut werden, damit die 12 cm größere Länge (beim Vorbild) erreicht werden konnte.

Ein Kritikpunkt sind die fehlenden Bremsecken an den Wagenenden. Nur Fleischmann hat sie von beiden Seiten, während Roco, Arnold und Hobbytrain sie vergessen haben.

 

In der Tabelle sind die wichtigsten Maße der Rlmms 56/ 58 aufgeführt.

Modell

Vorbild LüP

1:160

Vorbild

Achs-

stand

Achs-stand

Modell

Achs-

stand

LüP Modell ohne Bremser-bühne

LüP Modell mit Bremser-bühne

Wagen-Nummer Modell

Flm Rlmms ohne Bühne

13.860

86,6

8.000

50

50

86

----

334 4335-1

Flm Ks (DR)

13860

86,6

8.000

50

50

86

----

330

0029-1

Flm Rlmms mit Bühne

13.960

87,3

8.000

50

50

----

87

439 143

Ro Rlmms ohne Bühne

13.860

86,6

8.000

50

51

83

----

437 261

 

Ho Rlmms ohne Bühne

13.860

86,6

8.000

50

50

86

----

333 9000-4

Ar Rlmms mit Bühne

13.960

87,3

8.000

50

50

----

86,5

445 855

 

Man sieht, die Hersteller haben die Grundmaße einigermaßen gut eingehalten. Interessant ist die Nummerierung der beiden Neuen von Fleischmann: Einer gehört Ende der Epoche III an, der eine Wagen hat die Übergangsbeschriftung K-s 56, während der andere Wagen die neue Computer-Beschriftung zeigt. Solch ein Beschriftungs-Mix gab es Mitte der 60er Jahre beim Vorbild. Nur dank seiner Stummelpuffer ist der Roco-Wagen ein Ideechen zu kurz.

Kommen wir zurück zur Neuheit von Fleischmann: Der beladene Wagen entpuppt sich als

K-s 56, hat also eine Übergangsbeschriftung zur Epoche IV. Der zweite Wagen ist ein Kbs 443 mit brauen Fahrwerk, ein Vertreter der späten Epoche IV. Er hat auch nicht die fehlerhaften Masse des Roco-Vorgängers. Die Wagen laufen leicht und klemmen auch nicht in R1. Auch der dritte Wagentyp sei hier vorgestellt: Ein Wagen der DR mit Klapprungen.

Fleischmann K-s 56 mit Bretterstapel
Fleischmann Kbs 443 -braunes Fahrwerk
Fleischmann Ks [3361] DR mit Drehrungen

Etwas später kam der Wagen mit Drehrungen (Bild 12) in den Handel. Zuerst stutzte der Tester- keine Drehrungen. Waren aber trotzdem da, in einem Tütchen unterhalb der Einlage. An der Stelle hat Fleischmann mitgedacht: im Tütchen lagen  8 Rungen mehr als benötigt drin. Allerdings ist die Montage der Rungen eine Fleißarbeit: Der Tester hat gut 20 Minuten gebraucht, bis die 12 Rungen eingesteckt waren. Sind die Rungen einmal in dem eckigen Loch und sind angedrückt, halten sie bombenfest.

Weiter wurde der Frage nachgegangen, ob die Neuheit Gemeinsamkeiten mit dem Roco-Wagen haben. Heutiger Standard sind Kurzkupplungskulissen, die der Roco-Wagen nie hatte. Wenn man aber den Fleischmann-Wagen neben den Roco-Wagen stellt, fallen doch Unterschiede auf: Der Roco-Wagen hat eine andere Maserung der Seitenwände. Auch am Sprengwerk gibt es zusätzliche Teile, die der Roco-Wagen nicht hat. Nachfolgende Fotos zeigen die Unterschiede:

Rungenwagen von unten (oben Flm- unten Roco)
Rungenwagen von vorne (li Roco- re Flm)

Als Fazit kann festgehalten werden, bei dem neuen Fleischmann-Wagen handelt es sich wirklich um eine gelungene Neukonstruktion.  

Ein Kritikpunkt muss noch festgehalten werden, nämlich die Verpackung: So ist die neue Verpackung fast doppelt so groß wie die alte Roco-Schachtel. Zudem hat die neue Verpackung in der Einlage Wulste, an der die feinen Rungen abbrechen können. M. E. hatte das Roco mit weniger Aufwand besser gelöst.

Verpackung

Einsatz auf der Modellbahn

Auf der Modellbahnanlage lassen sich die Rungenwagen vielseitig einsetzen. Sie wurden in allen möglichen Güterzügen eingesetzt, nur gab es beim Vorbild keine Ganzzüge, wo nur Rungenwagen dabei waren. Wie schon oben gesagt, konnte der Rungenwagen mit allen möglichen sperrigen Gütern beladen werden. Waren sie nässeempfindlich, wurde eine Plane drübergezogen. Bekannt sind Fahrzeugtransporte, auch für das Militär- mit und ohne Rungen. So hat die DB anfangs eine Flotte von Niederbordwagen, die vorher als Rungenwagen unterwegs waren, z.B. für den Sylt- Verkehr eingesetzt. Dank ihrer Konstruktion konnten die Autos von hinten auffahren und bis zum vordersten Wagen durchfahren. Die stabilen Kopfklappen machten es möglich. Also kurz, ein universeller Wagen, der mehrfach auf eine Anlage gehört.

 

Fazit

Hier ist Fleischmann glatt eine kleine Überraschung gelungen. In ihrem Neuheiten Prospekt war der Wagen als „Neukonstruktion“ angekündigt, was sich auch bewahrheitet hat. Den Wagen gibt es auch mit kurzen Drehrungen verschiedener Bahngesellschaften. Was noch fehlt, sind Wagen mit alter Epoche III- Beschriftung als Rlmms 56.

Was fehlt noch an Rungenwagen in N?  Kein Hersteller hat bisher den Länderbahn-Vorgänger R 02 ins Visier genommen. Da wären Rungenwagen preußischen, bayerischen, badischen, württembergischen oder sächsischen Ursprungs denkbar. Manche dieser Wagen erlebten noch die Epoche III. Weiter fehlt noch das Kriegskind R Ulm, der bei der DB als Rmms 33 firmierte. Den völlig verhunzten R Ulm von Minitrix lasse ich mal außen vor. Ferner verdient es der R 10, der häufigste Rungenwagen in Deutschland eine Wiederauflage nach 52 Jahren, gerne auch mit Bremserhaus. Alle Rungenwagen können verschiedene Beladungen haben, daraus kann man eine Fülle von Varianten herstellen.

 

Klaus Kosack

 

Lit.: St. Carstens, Güterwagen Bd. 5- Rungenwagen, Nürnberg 2008

DB- BZA Minden, DV 939d, Güterwagen, Ausgabe 1967, Minden 1967                                                                                 


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