11/2020 von Klaus Kosack
Nach dem II. Weltkrieg war der Reisezugwagenbestand bei der DR in einem desolaten Zustand. Viele Wagen waren zerstört und/ oder ausgeraubt. So musste die DR, um den Reisezugbetrieb wieder in Gang zu bekommen, die Wagen – vielfach behelfsmäßig- wiederherrichten. Behelfe kannte man bestens noch vom Krieg her. Nur war mit solchen Wagen kein Staat zu machen, für den Binnenverkehr reichten sie ja noch, aber man wollte auch wieder ins Ausland fahren und Züge mit DR-Wagen bestücken. Nachdem die vorgefundenen Wagen- und Lokfabriken verstaatlicht worden waren und daraus ein Kombinat „LOWA“ (= vereinigte Lok- und Wagenfabriken) gegründet hatte, glaubte man, auch wieder an Neukonstruktionen heran gehen zu können.
Vorbild
Aufgrund praktischer Erfahrungen in den Werken mit den Schürzenwagen, die an die DRB als Schnellzug- und Eilzugwagen geliefert worden waren, wurde ein neuer Wagentyp entwickelt. Es war die erste Neuentwicklung nach dem Krieg. Er nannte sich LOWA E5. Von der Architektur lehnen sich die Wagen an die zuletzt gelieferten Schürzenwagen an. Wie auch schon bei der DRB wurden zunächst Prototypen gebaut, und zwar BC4üp und C4üp und aus den gewonnenen Erkenntnissen der genannte Wagentyp gebaut. Er war 23,2 m lang und bot 72 Sitzplätze. Eine weitere Besonderheit hatte man sich beim „Klassenfeind“ im Westen abgeguckt: Den Mitteleinstieg, der bei den DB- Eilzugwagen der frühen 50er Jahre Standard war. So konnte man zwei Großraum-Abteile bilden, je einen für Raucher und Nichtraucher. Und bei drei Türen je Wagenseite war ein schnellerer Fahrgastwechsel garantiert. 1954 waren die Wagen serienreif und man begann den Bau von 200 Wagen. Geliefert wurden die Wagen von VEB Wagenfabrik Bautzen. Als Besonderheit waren die Wagen in zwei Grüntönen gestrichen. Anfangs firmierten die neuen Wagen als C4üp-54. Später nannte man sie als Bghe. Weil sie das damals modernste waren, was die DR hatte, wurden die neuen Wagen gerne in den internationalen Fernverkehr eingesetzt; in Interzonenzügen kamen die Wagen auch in die BRD. Diese Wagen konnten 120 km/h schnell laufen und wogen 43 t. Je nach Bauserie hatten die Wagen verschiedene Drehgestelle. Verbaut wurden Drehgestelle der BA Görlitz III leicht und achshalterlose Drehgestelle. Erstmals bekam auch die 3. Klasse bei der DR gepolsterte Sitze.
Anfangs bekamen die Wagen die Nummern 75 211 bis 410, später die Nummern 250-… . Als 3. Nummer 29-14 3.. . Als Anfang der 60er Jahre die DR ihre Schnellzugwagen modernisierte (Mod-Wagen) und später neue Y-Wagen gebaut wurden, wanderten die Wagen bald in den Eilzug- und Nah-Verkehr ab. Ferner wurden ab 1969 E5-Wagen zu Steuerwagen umgebaut, die im Vorortverkehr gebraucht wurden. Im Großraum Leipzig waren die Wagen im S-Bahn Einsatz und bekamen auch einen besonderen blauen Anstrich. Ab Mitte der 80er Jahre begann die Ausmusterung der Wagen. Die DB AG hat 1994 keinen LOWA E5-Wagen mehr übernommen. Im Eisenbahnmuseum Schwarzenberg (Erzgebirge) steht der letzte Vertreter dieser Bauart.
Modell
Die N-Bahner in der DDR bzw. in den neuen Bundesländern waren jahrzehntelang mit N-Modellen vernachlässigt worden, zumal der VEB Piko Ende der 80er Jahren die Produktion von N einstellte. Deswegen traten nach der Wende viele Hersteller auf den Plan, um hier Lücken zu schließen. Hervorgetan hat sich hierbei Arnold- jetzt unter dem Dach von Hornby. Arnold schloss bei Reisezugwagen etliche Lücken und brachte u.a. die Rekowagen, die Mod-Wagen mit und ohne Schürze sowie die LOWA E5- Wagen heraus. Auf der Messe 2015 wurden die LOWA-Wagen angekündigt; erst im Frühjahr 2018 kamen die ersten Wagen in den Handel. Von Anfang an machte Arnold keine halben Sachen, sondern bot folgende Wagen als Set an:
Diese o.g. Sets werden im Beitrag besprochen.
Außerdem sind bei DM Toys noch die Sets
erhältlich.
Hier Bilder der Kandidaten:
Alle fünf Wagen der Epoche IV sind als „Nichtraucher“ beschriftet.
Als erstes eine Maßübersicht des Wagens
|
Vorbild in mm |
1: 160 in mm |
Arnold in mm |
LüP |
23200 |
145 |
144 |
Drehgestell Abstand |
15700 |
98,1 |
98,5 |
Achsstand Drehgestell |
3000 |
18,75 |
18,75 |
Wagenkastenlänge |
22900 |
143,1 |
143 |
Wie man sieht, hat Arnold die Hauptabmessungen ganz gut getroffen.
Hier die Wagennummern der Wagen im Set:
|
HN 4191 |
HN4183 |
HN4192 |
-1 |
75 210 Bln |
29-14 314-4 |
29-14 316-9 |
-2 |
75 214 Bln |
80-14 246-4 |
29-14 320-1 |
-3 |
75 211 Bln |
--- |
29-14 319-3 |
Auch hier gibt es nichts zu meckern, denn alle 8 Wagennummern stammen aus dem o.g. Nummernkreisen. Die Wagen aus Epoche IIIa (#4191) sind alle in Berlin Rga (Rummelsburg-Abstellbf.) beheimatet; während die Wagen der Epoche IV alle in Magdeburg Hbf. zu Hause sind. Außerdem fehlen den Wagen der Ep. IV die Klassenbezeichnung. War aber damals bei der DR üblich, denn nur die 1. Klasse und 2. Klasse wurden bei internationalen Einsätzen gekennzeichnet.
Alle 8 Wagen laufen auf Drehgestellen der Bauart Görlitz III leicht. Diese Drehgestelle hatte man schon zu DRG-Zeiten in den neueren Eilzugwagen verbaut.
Konstruktiv sind die Wagen wie folgt aufgebaut: Dach und Wagenkasten sind ein Teil, das Fahrgestell mit Beschwerungsgewicht sind lösbar, auf dem Fahrgestell ist noch eine Inneneinrichtung.
Lauftechnisch fuhren die Wagen auf der Clubanlage ohne Probleme, sowohl im gezogenen als auch geschobenen Betrieb. Auch Weichenstraßen verschiedener Hersteller wurden mit Bravour gemeistert. Einer der acht Wagen ist ein (umgebauter) Steuerwagen, deswegen auch der Test mit 5 Wagen als Wendezug. Zug- bzw. Schublok war bei mir die E 42 von Arnold.
Die Wagen aus der Epoche IIIa haben Faltenbalg-Übergänge, während die Wagen der Epoche IV die Gummiwulst- Übergänge aufweisen. Dieses fast unsichtbare Detail hat Arnold auch nachgebildet. In den 60er Jahren wurden die Faltenbälge durch die Gummiwulst- Übergänge ersetzt.
Hier noch weitere Ansichten des Wagens:
Einsatz auf der Modellbahn
Ursprünglich waren die Wagen als Nahverkehrswagen konzipiert worden. Diese Aufgabe erfüllten die Wagen erst nach ca. 15 Jahren. Anfangs waren die Wagen (aus DDR-Sicht) im internationalen Verkehr eingesetzt und kamen z.B. in Interzonenzügen zum Einsatz. Auch wurden die Wagen für Kindertransporte eingesetzt, wenn z.B. westdeutsche Kinder zu Ferienlagern in der DDR abgeholt wurden. Bekannt ist ferner der Einsatz in DDR- Ferienzügen, die z.B. an die Ostsee fuhren. Auch im Binnenschnellverkehr (D- und Eilzüge) machten die Wagen eine gute Figur. So kann der Modellbahner seine Fantasie schweifen lassen und epochengerecht Züge der Epoche IIIa nachspielen, mit z.B. einem Set #4191 und weiteren Wagen. Zugloks waren überwiegend Dampfloks, wie z.B. die BR’n 01, 03, 18.0, 23.10, 38.10, 41, 42, 50 und 52. Passende Elloks wären die E04 und E44. Alle Loks waren vor 1956 bei der DR im Einsatz.
Als die Wagen im Nahverkehr eingesetzt wurden, gibt es weitere Möglichkeiten: So kann das 2er Set mit Steuerwagen #4183 mit einer V100, E42 oder E11 gezogen werden. Für die längeren Züge bietet sich die V180 oder (im Sommer) die V 200 an. Auch die BR 65.10 wurde eingesetzt. Später kamen auch noch Loks der BR 243 vor diesen Wagen zum Einsatz. Der Kuppelabstand ab Werk ist zufriedenstellend.
Mein Fazit
Mit dem Wagen hat Arnold einen hier im Westen weniger bekannten Wagen realisiert, den es nur in zwei Versionen gab: Den 2. Kl Wagen und sein Umbau als Steuerwagen. Damit sind schon fast alle Varianten realisiert worden, zumal Arnold auch die Leipziger S-Bahn Variante (blau/creme) mit der 211 in blau auch realisiert hat. Wie gesagt, ein Wagen der in der DDR bekannter war als bei uns im Westen. Was noch fehlt, sind die Wagen nach der Klassenreform als B4üp- 250-… in Epoche IIIb. Man kann Arnold zur Produktion des Wagens nur gratulieren.
Klaus Kosack
Lit.: Wagner/ Deppmeyer- Deutsches Wagenarchiv Bd.2, Sitz- und Gepäckwagen der DB und DR, Berlin 1994
Th. Estler, Reisezugwagen der DDR bis 1993, Stuttgart 2012
Dt. Wagenarchiv- Blatt 4.2 C4üp-54, Bgh(e), Autor R. Willke