03/2021 von Klaus Kosack
Kesselwagen waren schon immer gerne produzierte Güterwagen der Modellbahnhersteller. Allerdings oftmals frei nach dem Motto: Je bunter desto besser. Vorbildtreue spielte da weniger eine Rolle. Offenbar war es dem Käufer egal: Hauptsache bunt war das Argument für einen Kauf und die Kesselwagen verkauften sich wie warme Semmeln. Man darf aber auch sagen, dass die Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Erst in den letzten Jahren bemühten sich die Hersteller, Kesselwagen nach realem Vorbild herzustellen, wobei dann Kesselwagenbauarten, die es häufiger beim Vorbild gab, im Vordergrund standen.
Vorbild
Nach dem zweiten Weltkrieg hatte die DB kein Interesse mehr, für den öffentlichen Güterverkehr eigene Kesselwagen in Dienst zu stellen. Sie überließ das Transportgeschäft Firmen, die solche Wagen vermieteten. Zwei Firmen waren in Deutschland führend: Einmal die Eisenbahn-Verkehrsmittel A.-G (EVA), ein Eisenbahnunternehmen, das von 1899 bis 2002 Eisenbahnwaggons, vor allem Kesselwagen für Flüssigkeiten und Gase, vermietete. Die andere Firma nannte sich VTG = Vereinigte Tanklager und Transport GmbH mit Sitz in Hamburg. Diese Firma wurde 1951 gegründet und sie gibt es noch heute.
Daher waren oftmals die genannten Firmen bei der Neuentwicklung von Kesselwagen beteiligt. Hinzu kam der gewaltige Bedarf an Treibstoff durch die Motorisierung in der BRD. In der Transportkette Raffinerie zur Tankstelle spielten Kesselwagen damals eine wichtige Rolle.
Inzwischen gab es weitere Fortschritte beim Bau von Kesselwagen. Es fehlten noch neuere Kesselwagen für den Benzintransport mit 40 m³ Inhalt. Daher bestellte die Fa. EVA bei der Waggonfabrik in Krefeld-Uerdingen 1962/63 insgesamt 353 solcher Kesselwagen. Sie wurden in zwei Chargen geliefert, die Wagen hatten ein Eigengewicht von 11,5 t. Von der ersten Lieferung mit 163 Wagen wurden gleich 40 Wagen für die Kontinentale Öl-Transportgesellschaft in Berlin abgezweigt, diese Wagen waren in Frankfurt (M) stationiert.
Der Zugang zu dem Dom auf dem Kesselscheitel erfolgte durch eine Leiter über die Bremserbühne. Um den Domverschluss lagen Gitterroste. Gefüllt wurden die Wagen über dem Dom. Zur Entleerung gab es am Wagenboden ein Ventil, einige Wagen konnten auch über den Dom entleert werden.
Je nach Anforderung aus der Wirtschaft vermietete EVA die Wagen. Kam ein längerfristiger Mietvertrag zu Stande, konnte der Mieter die Wagen mit seinen Firmenlogos versehen.
108 Wagen verkaufte die EVA 1985 an die 3V Service GmbH, die diese sofort an die Fa. Meier/ Dollbergen vermietete. Bei Dollbergen bekamen die Wagen einen blauen Anstrich. Später übernahm Dollbergen die Wagen in Eigenregie.
Die übrigen 97 Kesselwagen verblieben nach 1985 bei der Fa. EVA. Nach und nach wurden die Kesselwagen abgestellt und ausgemustert.
Modell
Seit Anfängen der Spur N waren Kesselwagen beliebte Produkte bei den Modellbahnherstellern, meistens kam ein Typ heraus, den es beim Vorbild selten oder gar nicht gegeben hat. Erst in den letzten zehn Jahren bemühten sich Hersteller um tatsächliche Vorbilder. Beispiele sind hierfür geschweißte 22 m³ Kesselwagen der BA Uerdingen, die beim Vorbild noch im Krieg gebaut wurden. Umgesetzt hat den Kesselwagen Brawa. Oder die Bauart Deutz, die Minitrix schon 1965 herausgebracht hat.
Hier mal ein Überblick, was dann so alles an 2-achsigen Kesselwagen bisher erschienen ist.
Neuere Kesselwagenmodelle im Überblick
Hersteller |
Betreiber |
Wagen-Nr. |
Kesselgröße |
Kessel Ø |
Gewicht |
Ro 25538 |
VTG |
572 594 |
30 m³ |
16,5 |
13 gr |
MT 15194-10 |
EVA |
736 100 |
30 m³ |
15,5 |
13 gr |
Atlas 2472 |
SHELL |
0172 0121 |
--- |
18,0 |
12 gr |
Arnold 6008 |
VTG |
572 599 |
20 m³ |
18,5 |
12 gr |
MT 15959 |
IVG |
5532 097 |
30 m³ |
15,5 |
13 gr |
MU G40003 |
EVA |
540 180 |
40 m³ |
17,5 |
11 gr |
Zurück zur Neuheit von Modellbahn Union (MU). Als erstes wurde der Wagen vermessen:
|
Vorbild |
1:160 |
Modell |
LüP |
9240 |
58 |
58 |
Rahmenlänge |
8000 |
50 |
50 |
Achsstand |
4500 |
28,1 |
28 |
Kessel |
2830 |
17,7 |
17,5 |
Man sieht, dass MU die Hauptmasse sehr gut getroffen hat.
Der Kuppelabstand ab Werk ist beeindruckend, weniger als 3 mm Abstand wurden gemessen. Da passt z.B. die bekannte PEHO-Clips Kupplung nicht mehr, weil die Wagen dann Puffer an Puffer fahren und in Kurven es zu Entgleisungen kommt.
Weiter wurden die Kesselwagen auf der eigenen Club-Anlage im Betrieb getestet. Die Club-Anlage ist modular gebaut und es wurden Schienen und Weichen verschiedener Hersteller verbaut. Ergebnis des Tests war, dass die fünf neuen Kesselwagen problemlos gezogen und geschoben durch alle Gleisfiguren fuhren.
Zur Neuheit selbst: Man kann sich einfach gar nicht satt sehen an den vielen Details des Wagens. Immer wieder fallen neue Details auf und deren gute Umsetzung im Modell. Hier ein paar Detailfotos des Wagens:
Einsatz auf der Modellbahn
Der Kesselwagen ist universell einsetzbar: Als Ganzzug, so etwa mit 15 bis 20 Kesselwagen, oder aber auch als Einzelwagen im Nahgüterzug bzw. in der Übergabe. Vorherrschend sollten dabei wie beim Vorbild die grau-schwarzen Kesselwagen sein; ein bunter kann schon mal darunter sein. Kurz: ein Muss für jeden Epoche III bis V- Fahrer, am besten gleich in mehrfacher Ausführung. Auch hierbei hat MU vorgesorgt: Alle Kesselwagen werden mit 3 verschiedenen Wagennummern angeboten.
Ausblick
Kesselwagen eignen sich bestens für viele farbenfrohe Varianten. Viele Kesselwagen waren von der VTG/ EVA längerfristig vermietet, die Mineralölfirmen setzten dann wie bereits beschrieben ihre eigenen Lackierungen um und brachten ihre Logos an. Somit kann in Zukunft noch eine Vielzahl von Varianten erwartet werden.
Klaus Kosack
Lit.: St. Carstens/ H. Westermann, Güterwagen Bd. 7, Kesselwagen für brennbare Flüssigkeiten, Nürnberg 2014
St. Carstens (Hrsg.), Mineralöl-Kesselwagen, MIBA- Report, Nürnberg 2015