07/2022 von Klaus Kosack
Mitte der 50er Jahre gab es die neuen UIC- Vorgaben zum Bau neuer gedeckter Güterwagen. Die SAAR- Eisenbahnen (EdS) steckten da in einem Dilemma: Der große Nachbar DB hatte nur Wagen, die der UIC angelehnt waren, andererseits gehörte das Saarland zur französischen Wirtschaftszone. Zur Grenze Saarland/ BRD gab es Zoll- und Passkontrollen nach Frankreich aber nicht. So kam man schließlich auf die Idee, Wagen nach französischen Zeichnungen zu beschaffen, wobei nicht ganz klar ist, ob die EdS die Beschaffung wollte oder musste. Frankreich hatte schließlich das Sagen im Saarland. So beschaffte die EdS eine kleinere Serie UIC konformer Wagen bei der Fa. Lüttgens in Saarbrücken-Burbach.
Vorbild
Nach Herauslösung des Saarlands aus der französischen Zone als eigenständiges Organ. 1947 bekam das Staatsgebilde auch eine eigene Eisenbahn, die sich EdS (Eisenbahn des Saargebiets) nannte, als Aufschrift an Fahrzeugen das Wort „SAAR“ wählte. In fast allen Belangen saßen Franzosen mit am Tisch und noch 1947 wurde die Reichsmark abgeschafft und durch den saarländischen Frank (währungsgleich mit dem französischen Franc) ersetzt. Das Saarland wurde ein teilautonomer Staat im Wirtschaftsverbund mit Frankreich. Das endete 1957, nach der Abstimmung zum Saar-Statut 1956, wo vereinfacht gesagt, die große Mehrheit der Saarländer wieder nach Deutschland zurückwollten.
1957 kam die EdS als Bundesbahndirektion Saarbrücken zur DB zurück und damit auch alle Fahrzeuge. Unser gedeckter Güterwagen wurde bei der EdS als Gms 54 in Dienst gestellt. 170 Wagen wurden gebaut. Die DB stellte schnell fest, die Bauartnummer 54 war schon vergeben. Deswegen liefen die Wagen jetzt als Gms 55 weiter. Auch musste der Wagen im Laufe der Zeit einige Anpassungen bei AW Aufenthalten über sich ergehen lassen, wie z.B. Umbau der Bremse.
Im Vergleich mit der sehr ähnlichen DB Bauart Gms 53 unterschied sich der Saarländer in folgenden Punkten: Westinghouse-Bremse, frz. Signalstützen, lange Trittbretter und die Lüftungsklappen konnten zollsicher verschlossen werden.
Als ungeliebte „Ausländer“ bei der DB landeten die Wagen schon bald aufs Abstellgleis. 1963 erfuhren sie noch die Umzeichnung als Gs 206 mit den Nummern 120 0 000 ff und 131 0 000 ff. (Wagen mit Heizleitung). Ab 1970 wurden die Wagen nicht mehr unterhalten und so war es kein Wunder, dass die letzten Wagen schon 1975 ausgemustert wurden.
Die Zeichnungen für den UIC I gedeckten Güterwagen fanden nach und nach bei Waggon-Fabriken auch außerhalb Frankreichs Eingang und wurden in mehreren Ländern, so auch in Jugoslawien nachgebaut. Produzent der Wagen war die Fa. Duro Dacović in Slavonski Brod. Da die DR auch UIC konforme Wagen haben wollte, beschaffte man 200 Wagen 1966 bei der Firma. In einigen Details unterschieden sich die Wagen vom saarländischen Bruder, so hatten die Wagen u.a. kürzere Federn bei den Achshaltern. Ferner hatten die Wagen Trittleitern statt eines Trittbrettes. Die DR setzte den Wagen nicht im OPW-Park ein, sondern nach RIV im internationalen Verkehr. Anfangs wurden die Wagen bei der DR als Gmms [14.02] bezeichnet, später dann als Gs [1200]. Ende 1990 waren nur noch 72 Wagen im Betrieb und zwei Jahre später waren auch sie von der Schiene verschwunden.
Modell
Auch dieser Wagentyp hatte als Modell einen Vorgänger: Roco wählte 1979 den Wagentyp aus und kam damals mit der DB-Version, einem NS-Postwagen und SNCF-Wagen heraus. Damals kostete der Wagen schlappe 6 DM (auf einer Schachtel war noch ein Preisschild). Im Laufe der Zeit folgten noch 18 weitere Versionen, darunter nur 4 DB Versionen.
Der Wagen war ordentlich gemacht, hatte aber die zeitgenössischen Stummelpuffer und leider waren die Trittbretter zu kurz. Natürlich fehlte die Kurzkupplung. Immerhin war der Wagen auf Anhieb als Gms 55 zu erkennen.
Kommen wir zur Arnold Neuheit #6522: Störend für mich war der etwas glänzende Eindruck des Arnold-Wagens. Er hat aber Trittstufen für den Rangierer und Haltegriffe, die beim Roco Wagen fehlen. Apropos Haltegriffe: Bei einem Wagen lag der Haltegriff in der Schachtel und nicht am Wagen. Daher Augen auf beim Kauf. Das Trittbrett liegt ein wenig tiefer und ein Ideechen länger als bei Roco.
Etwas Kopfzerbrechen machte die Pufferhöhe der Wagen. So liegen die Puffer um ca. 1 mm höher als beim Roco-Wagen. Umgerechnet hätte die Pufferhöhe 6,6 mm betragen müssen, die der Roco-Wagen auch hat. Im direkten Vergleich fällt auf, dass die Räder bei Arnold einen größeren Durchmesser haben. Dafür sind die Bremsklötze bei Arnold viel feiner als bei Roco.
Formtechnisch unterscheidet sich der Gmms DR nicht von der DB Variante. Lt. Beschreibung hatte der DR-Wagen kürzere und eine Feder weniger als der DB Wagen. Dieser Unterschied ist nicht nachgebildet worden. Daher muss davon ausgegangen werden, dass alle Wagen dieses Typs ein identisches Gehäuse und Fahrwerk haben. Das vereinfacht die Produktion des Wagens und senkt auch die Kosten. Nur die Beschriftung wurde geändert. Zum Start lieferte Arnold außerdem (immer als 2er Sets) 3x SNCF- und 2x RENFE- Sets.
Auch der DR Wagen glänzt für meinen Geschmack zu sehr. Formtechnisch und im Fahrgestell ist er eine 1:1 Kopie des DB Wagens. Statt des Trittbretts hätte hier eine Trittleiter hingehört.
Abschließend noch ein Vergleich der Arnold-Wagen mit dem Roco Modell:
Hier ist gut zu sehen, dass der Roco-Wagen einfacher gehalten ist.
Das Foto zeigt den Fortschritt im Formenbau. Eine Frage sei gestattet: Wenn der Wagen auf der Anlage läuft, kann man die Feinheiten auf den Fahrgestellboden gar nicht sehen. Das könnte man doch etwas vereinfachen, oder? Nur was man von der Seite sehen kann, ist wichtig nachgebildet zu werden.
Einsatz auf der Modellbahn
Damit hat Arnold wieder einen Regelgüterwagen (mit verschmerzbaren Schönheitsfehlern) auf den Markt gebracht, der bei DB und DR eher selten war. Andererseits hat der DB Wagen eine bewegte Vergangenheit. Wie beim Roco Wagen können die Türen nicht geöffnet werden. Aber der Wagen gibt ein wenig optische Abwechselung in das Einerlei der kürzeren gedeckten Güterwagen der DB/ DR. Die Wagen passen in alle möglichen Güterzüge der Epoche IV von der Übergabe bis zum TEEM. Daher kann nur empfohlen werden, sich auch den Wagen von z.B. der SNCF zu beschaffen.
Fazit
Wegen der bewegten Vergangenheit der deutschen Wagen sind noch folgende Beschriftungsvarianten möglich:
Auch in Osteuropa fand der Wagentyp Verbreitung. So gab es nach UIC- Vorgaben bei der PKP, MAV, CFR und JŻ Wagen dieses Typs.
Arnold sollte sich mal überlegen, den Glanz auf dem Gehäuse abzumildern. Ferner überlegen, ob eine maßstäbliche Pufferhöhe noch hinzubekommen ist. Das Set wird zu einem noch moderaten Preis angeboten.
Klaus Kosack
Literatur:
St. Carstens/ P. Scheller, Güterwagen Bd 1.2- gedeckte Wagen DB + DR, Fürstenfeldbruck 2019
St. Carstens, gedeckte Wagen =MIBA Report, Fürstenfeldbruck 2019
St. Carstens/ P. Scheller/ H. Westermann, Güterwagen, Bd. 6, Fürstenfeldbruck 2011
DB (Hrsg.) DV 939d, Ausgabe Jan. 1967