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06/2022 von Klaus Kosack

Fleischmanns Eilzugwagen 1. Kl. – eine verkappte Formneuheit

Werksfoto A4ys-30/55

Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts wollte die DRG den Personenzug- Fernverkehr beschleunigen. Ab Anfang der 20er Jahre hatte man die Zuggattung „BP“ eingeführt, das waren vereinfacht gesagt, Personenzüge, die große Distanzen zurücklegten, so z.B. München-Berlin oder Berlin- Königsberg (Ostpr.). Damit die Fahrt nicht zu lange dauerte, hielten die Züge nur in größeren Stationen und hatten längeren Aufenthalt als D-Züge. Die Züge führten üblicherweise die 2. bis 4. Klasse. So konnten auch ärmere Leute auf die Reise gehen. Der Zug bestand aus Wagen der 2.-, 3.- oder 4.- Klasse, also vielfach Länderbahnwagen, die höchstens 90 km/h laufen konnten. In den Kursbüchern waren die BP durch 3-stellige Zugnummern erkennbar.

1928 wurde die 4. Kl. abgeschafft und die ehem. 4. Kl. Wagen zu 3. Kl.- Wagen hochgestuft. Das hatte zur Folge, dass viele Fahrgäste der ehem. 3. Kl. dann lieber 2. Kl. fuhren. Konsequenz war, dass genügend 2. Kl. Wagen für die gestiegene Nachfrage fehlten. Für die neuen Fernzüge war eine Höchstgeschwindigkeit bis 120 km/h vorgesehen. Hierfür brauchte man neue 4-achsige Fahrzeuge. Nach diversen Probebauten kamen die bekannten DRG- Eilzugwagen heraus, die bei der 3. Kl. auf jeder Seite 8 Türen aufwiesen. Viele der ehemaligen BP wurden zu (zuschlagpflichtigen) Eilzügen aufgewertet und mit den neuen Wagen ausgestattet. Aber noch 1939 gab es ehemalige BP, die mit der 3-stelligen Zugnummer erkennbar waren, allerdings ohne die BP- Bezeichnung im Kursbuch.

Vorbild

Wie schon erwähnt, kam nach paar Probebauarten der damalige 2. Kl. Wagen B4i-30 heraus, der mit 285 Wagen mit Abstand der häufigste Eilzugwagen dieser Bauart war. Die Wagen wurden von 1930 bis 1932 in Dienst gestellt. Da die Schweißtechnik noch in den Kinderschuhen steckte, griff man zur bewährten Niettechnik zurück. Die Wagen waren 21,7 m lang, 74 cm länger als die 3. Kl. Wagen und rund 7 t leichter als vergleichbare D-Zug-Wagen. Daher nannte man sie auch leichte Einheits-Durchgangswagen 2. Kl., Bauart B4i-30. Dies sollten die einzigen 2. Kl. Wagen bei den Eilzugwagen der DRG bleiben. Bei späteren Bauarten der Eilzugwagen (geschweißte und Schürzenwagen) gab es keine reine 2. Kl. Fahrzeige mehr.

 

Wagenskizze des B4i-30 – Quelle: MEB 10/77, S.314

Der Wagen hatte in drei Abteilen 62 Sitzplätze und war für 120 km/h zugelassen. Alle Wagen hatten Drehgestelle der Bauart Görlitz III leicht mit 3 m Achsstand. Die Übergänge der Wagen waren anfangs Scherengitter. Nach dem Krieg waren die Wagen in Europa verstreut, den Löwenanteil bekamen aber die DB und DR.  

In den 50er Jahren begann die DB ihre Wagen zu modernisieren. Die Übergänge mit Scherengitter wurden durch Faltenbälge ersetzt und auch im Fahrzeuginneren tat sich etwas: Die Wagen bekamen einen Seitengang und mit je 6 Sitzplätze ein eigenes Abteil. Dabei kamen auch modernere Sessel zum Zuge. Die so umgebauten Wagen wurden später A4yse-30/55 genannt.

Ab 1966 wurden die Wagen zu Ayse604 umbenannt. In den 70er Jahren sank der Stern der Wagen und wurden zunehmend ausgemustert. Die letzten Wagen verschwanden 1982 bei der DB von der Schiene, während bei der DR die Wagen schon 1971 ausgemustert waren.

Die Wagen wurden anfangs noch in D-Zügen eingesetzt, später wanderten sie in den Bezirks- und Nahverkehr ab. Blöd war nur, die Nachfrage der 1. Kl. war nicht so groß, sodass die Wagen selten zu 100 % besetzt waren.  Verbürgt ist der Einsatz mit den Neubau-Doppelstockwagen der DB, die als Eilzüge von Köln nach Gerolstein in die Eifel fuhren. Die Doppelstockwagen hatten keine 1. Kl. und so wurde auf den Ayse604 zurückgegriffen, um so ein 1. Kl. Angebot zu schaffen.

Modell

Zum dritten Male gibt es den A4yse-30 in N. Den Anfang machte- wie so oft- Arnold, der bereits 1970 mit seinem Modell herauskam. Der passte gut zu den wenige Jahre zuvor erschienenen B4ye-30. Bis 1974 blieb er im Programm, es war eine DRG-Variante. Überaus kreativ war Arnold mit dem Wagen: Im Laufe der Zeit erschienen 18 Varianten, nicht nur als DRG Version, sondern auch als DB, DR, ÖBB und SNCF-Variante. Die „Krönung“ waren die Rheingoldwagen, wo der Wagen in blau/creme in 4 Versionen erschien- leider vorbildfrei. Bis 2004 war der Wagentyp lieferbar.

Arnolds B4i-30 DRG

Dann waren über 30 Jahre Ruhe mit Neuentwicklungen an der Front: 2006 beschloss auch Fleischmann den A4yse-30 zu produzieren. Der Wagen war in Epoche IIIb gehalten, hatte aber einen anfangs unbemerkten Nachteil, er war etwas zu kurz. Man hatte das vorhandene Fahrgestell des 2. Kl. Wagens genommen. Erst mit dem jüngsten A4yse-30/55 ist der Unterschied bemerkt worden. Hier ein Bild des Wagens mit der Bestellnummer #8675.

Fleischmanns A4yse-30/55 von 2006

Der Wagen sieht sehr ansprechend aus und zeigt alle Elemente des umgebauten ehemaligen B4i-30.

2020 erschien der jüngste Spross der Eilzugwagen- Familie, der hier besprochene A4yse-30/55 (#867504). Es ist bereits der vierte 1. Kl. Wagen mit DB-Keks, davon einer in Epoche IV. Insgesamt 6 Varianten hat Fleischmann bislang auf die Schienen gestellt, ferner je einen DRG- und einen ÖBB-Wagen.

Fleischmanns A4yse-30/55 von 2020

Die eigentliche Sensation ist das Längenwachstum des Wagens. Endlich hat Fleischmann gemerkt, dass die Eilzugwagen 1. Kl. etwas länger waren als die der 2. Kl, und auch umgesetzt.

Hier eine Übersicht als Tabelle der drei besprochenen Wagen:

 

Hersteller/ Artikel-Nr.

Bauart

Gebaut von ... bis

Wagen-nummer

LüP Modell mm

Zuglauf

Bem.

Ar 0331

A4i-30

1970- 95

47 215 Esn

128

Bonn

Faltenbalg falsch, zu kurz

Fl 8675

A4yse-30/55

2006

25 186 Nür

133

Regensburg- Würzburg

Etwas zu kurz

Fl 867504

A4yse-30/55

2020

25 157 Hmb

135

Hamburg Hbf- Flensburg

 

Wie sind die 2 mm dazu gekommen? Ganz einfach: Man hat das Fahrgestell mit den Puffern bearbeitet und dem Fahrgestell einfach um 1 mm längere Puffer auf jeder Seite spendiert- fertig war die Laube. Denn bei anderen Bauteilen, der Seitenwand, den Übergangstüren, dem Dach, den Drehgestellen und der Inneneinrichtung wurde nichts verändert. So haben wir eine Mini-Formvariante vor uns.

An dem Wagen selbst gibt es wenig zu Meckern: Er ist gut gelungen und auf ersten Blick ist er sofort als 1. Kl. Eilzugwagen erkennbar.

Es folgen noch ein paar Detail-Fotos des Wagens, auch im Vergleich mit dem Vorgänger. Den Arnold-Wagen lasse ich wegen seiner 52 Jahre alten Konstruktion mal außen vor.

Kuppelabstand Arnold-Fleischmann
Kuppelabstand Fleischmann alt (li) - neu
Inneneinrichtung
Seitenansicht alt (oben) - neu
Übergang Arnold- Flm (alt)- Flm (neu)
Ansicht Boden Fleischmann neu (oben)- Flm alt

Beim letzten Foto ist gut die längere Neuheit zu sehen.

Einsatz auf der Modellbahn

Ein reiner 1.Kl. Wagen ist bei den meisten Modellbahnern sicher etwas schwieriger, glaubwürdig eingesetzt zu werden. Bei reinen Eilzügen nur dann, wenn der Zug 6 und mehr Wagen aufweist. Davon sollten neben dem Packwagen mindestens vier 2. Kl. Wagen sein. Ein anderes Beispiel wurde schon oben genannt: Einsatz in DB-Doppelstockzügen mit 4 bis 5 Dostos. Denkbar ist aushilfsweise auch ein Einsatz, wenn der planmäßig vorgesehene 1./2. Kl. Wagen ausgefallen war. Auch in D-Zügen auf Sekundär-Hauptbahnen ist der Einsatz nicht ganz verkehrt.

 

Fazit

Ohne große Ankündigung hat hier Fleischmann eine gut gemachte „Mini“-Formvariante auf den Markt gebracht. Der Wagen ist gut gelungen. Was noch fehlt, wären ausländische Wagen, oder in Ep IV ein heruntergestufter Wagen.

 

Klaus Kosack

 

Literatur:

G. Fiebig, Die Eilzugwagen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, in Der Modelleisenbahner 10/77, S. 313

J. Deppmeyer, Reisezugwagen der Deutschen Reichsbahn, Band 1, Freiburg 2018

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