03/2019 von Klaus Kosack
Eine Münchner Übergabe geht auf die Reise
In diesem Beitrag geht es um das im März 2019 erschienene Güterzugset #11631 von Minitrix. Das vierteilige Set enthält eine Dampflok der ehem. Reihe R 4/4 (Baureihe 92.20) und drei Güterwagen, die auf bayerische Verhältnisse zugeschnitten sind. Angekündigt wurde das Set bereits auf der Messe 2017.
Die Lok des Sets
Ende des ersten Weltkrieges machte es sich in Bayern immer mehr bemerkbar, dass für Rangierzwecke und schwerere Übergaben eine kräftige 4-achsige Tenderlok im Betrieb fehlte. Da aber 1918 die Zeit für komplette Neuentwicklungen fehlte, besann man sich auf die damals zu Bayern gehörende Lok aus der Pfalz, die schon seit 1913 im Betrieb und im schweren Rangierdienst im Einsatz war. Also bestellte die KBayStsB flugs diese Lok (leicht überarbeitet) bei Krauss & Co in München, um in den größeren Rangierbahnhöfen des Landes auch diese kräftige Rangierlok einsetzen zu können. Sie konnte mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h immerhin 700 t schleppen. Die neue Lok wurde der Baureihe R 4/4 zugeordnet. Gattungszeichen Gt 44.17. Nach dem ersten Weltkrieg beschloss man, weitere der uralten Rangierloks, die z. T. schon 50 Jahre auf dem Buckel hatten, auszumustern und zusätzliche Loks der Reihe R 4/4 zu beschaffen. Allerdings wurde die Konstruktion überarbeitet und bei der zweiten Serie von 8 Loks stieg der Achsdruck von 16t auf 17t. Grund hierfür war der vergrößerte Wasservorrat im Rahmen. Geliefert wurden diese Maschinen 1924/ 25, auch gebaut von Krauss & Co. Bei der Gründung der Deutschen Reichsbahn hatten die größeren Länderbahnen (so auch die BayStsB) noch Sonderrechte bei der Beschaffung von Fahrzeugen. In Dienst gestellt wurden die Loks noch mit ihrer Länderbahn-Nummer 4151 ff. Gut ein Jahr später trat das neue Baureihensystem der DRG in Kraft. Alle Rangierloks mit vier angetriebenen Achsen bekamen die Baureihenbezeichnung 92 zugeteilt. Unsere R 4/4 bekamen die Nummern 92 2001ff, die Nachbauserie 92 2041 bis 2049. Die dem Zug beigelegte Lok trägt die Nummer 92 2048 und war die vorletzte in Dienst gestellte Lok, die 1925 von Krauss & Co. mit der Fabriknummer 8297 geliefert wurde. Zeit ihres Lebens war die Lok in München beheimatet gewesen.
Foto2: Lok 92 2048
Ihre Aufgabe war in erster Linie Reisezugwagen vom Hauptbahnhof abzuholen bzw. bereit zu stellen. Als weitere Aufgabe kamen noch Übergaben in und um München hinzu. München hatte ja im Norden viele Industrieanschlüsse, da mussten Wagen hingefahren und abgeholt werden. So eine Fuhre stellt die Zugpackung dar. Sicher war die Lok mit den drei Wagen nicht sonderlich gefordert, denn sie konnte ja in der Ebene mit Höchstgeschwindigkeit 700 t ziehen, das sind über 30 Güterwagen, bei geringeren Geschwindigkeiten noch mehr. Wem die drei Wagen zu wenig sind, kann noch viele Wagen anhängen, dabei sollte man beachten, nur Güterwagen mit DRG – Beschriftung zu nehmen. Anbieten würden sich z.B. O- Wagen aller Bauarten, die vor 1940 schon in Dienst standen, beladen oder leer je nach Geschmack, denn die Übergabe kann ja auf dem Weg zu den Betrieben sein oder aber leere Wagen einsammeln und zum Rangierbahnhof z.B. München- Laim zurückfahren. Noch eines wäre zu erwähnen: Übergaben hatten keinen Güterzug-Packwagen dabei.
Die Lok hat einen eigebauten Digital-Decoder und damit kann man DCC, Selectix und analog fahren. Der Motor hat 5 Pole mit Schwungmasse. Alle vier Achsen sind angetrieben. Bereits 2012 wurde die R 4/4 mit DB- Beschriftung angekündigt; 2014 war die analoge DB- Version #12416 erst im Handel. Damals gab es die Lok entweder digital oder analog. Beachtenswert ist die feine Beschriftung des Modells: Sogar den Elektroblitz auf dem Sanddom hat man nicht vergessen. Schließlich fuhr ja die Lok auch unter der Oberleitung.
Die drei Wagen des Sets
Foto3: 3 Wagen des Sets
Dem Set sind drei Güterwagen beigepackt, davon ein Regelgüterwagen der Bauart Kassel, vormalige Verbandsbauart A2. Besagte Verbandbauart A2 war der häufigste gedeckte Güterwagen der DRG, von dem über 120.000 Wagen von 1910 bis 1927 gebaut wurden. Hier hat Minitrix einen geschickten Schachzug gemacht: Das Grundmodell stammt aus dem Jahre 1964, hat also schon 55 Jahre auf dem Buckel, aber man hat den Wagen überarbeitet: Er hat eine Kurzkupplung, was der Vorgänger noch nicht hatte. Die Lüftungsklappen deuten auf einen speziellen Einsatz des Wagens hin: Er könnte z.B. Gemüse transportiert haben. Im Vergleich mit der Vorgängerbauart 1964/65 wirkt der neue Kassel hochbeinig; zudem sind die Trittstufen zu tief gelagert. Durch den schmaleren Rahmen des neuen Kassel sind auch noch die Achshalter hochgezogen. Da wirkt der Uralt-Kassel von 1964/65 für meinen Geschmack proportionierter.
Foto4: Kassel 2019
Foto5:Kassel 2019 und 1964 mit Fallhakenkupplung
Foto6: Kassel 2019 und 1965 mit Arnold Kupplung
Der zweite Güterwagen ist ein Kesselwagen, der als Privatwagen der Fa. MAN, Werk Augsburg beschriftet ist. Er dient dem Petroleumtransport und konnte mit 10 m³ gefüllt werden. Der Kesselwagen stammt noch aus der Länderbahnzeit und wurde als Nietkesselwagen um 1905 in Dienst gestellt.
Foto7: Petroleum Kesselwagen der Fa. MAN
Auch der dritte Güterwagen entpuppt sich als Privatwagen: Es ist ein Bierwagen der Münchener Fa. Löwenbräu mit Bremserhaus. Er ist vom Vorbild her der älteste Wagen des Sets. In einer kleinen Serie wurde der Wagen um 1885 in Dienst gestellt. Insgesamt wurden 27 Wagen gebaut. Für den Einsatz Transport von Bierfässern hat der Wagen auf dem Dach Ladeluken für Eis, damit der Gerstensaft auch gekühlt beim Empfänger ankommt.
Foto8: Bierwagen der Fa. Löwenbräu
Alle drei Güterwagen sind schon länger im Sortiment von Minitrix, der gedeckte Güterwagen schon seit 1964 und war bis 1994 im Handel, der Kesselwagen seit 1985 und war bis 2011 zu haben und der kurze Bierwagen erschien erst 2017. Die vorliegende Bierwagen-Variante ist der erste Wagen mit DRG- Beschriftung. Ob der Wagen beim Vorbild noch die 30er Jahre erlebt hat, sei mal dahin gestellt. Auf jeden Fall ist er ein „Hingucker“ im Betrieb. Alle drei Güterwagen haben ein Revisionsdatum Mitte der 30er Jahre. Die beiden Privatwagen haben Speicherräder.
Fazit
Mit diesem Fahrzeug-Set hat Minitrix eine (sehr) kurze sehenswerte Übergabe geschaffen, die so oder so ähnlich in und um München herum in den 30er Jahren unterwegs gewesen sein könnte. Dem Modellbahner sei empfohlen, noch weitere Güterwagen anzuhängen, denn mit den drei Wagen wäre auch eine R 3/3 (BR 89.7) nicht überfordert gewesen. Aber auch so kann man den Zug auf seiner Anlage auf die Reise schicken.
Klaus Kosack
Das Set ist bei DM Toys lieferbar: