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04/2020 von Klaus Kosack

Der kleine grüne Begleiter II

Dieser Artikel ist eine Fortsetzung des Artikels zum gleichen Thema, nur ergänzt um die Fleischmann Neuheit DB Pwg pr14, der endlich nach 46 Jahren ohne die überflüssigen Schlusslichter erschienen ist.

Vorbild

Da auch Güterzüge einen Zugführer brauchten, musste für diesen Beamten und zweckmäßigerweise auch für den Wagenmeister und Rangierer ein Wagen gebaut werden, der mehrere Funktionen erfüllen musste: Dienstplatz für den Zugführer und Wagenmeister, Aufenthaltsraum für Rangierer und Bremser und bei Bedarf auch Ladefläche für besondere Güter. Schon in den 80er Jahren des vorletzten Jahrhunderts wurden solche Wagen gebaut, die aus den Gepäckwagen für Personenwagen abgeleitet wurden. Nach und nach haben auch diese Wagen ihr Aussehen verändert und waren als Güterzug-Begleitwagen unverkennbar. Sie mussten in allen Güterzügen eingestellt werden, vorzugsweise gleich hinter der Lok.

Allen Güterzug-Begleitwagen war gleich, dass sie für den Zugführer einen erhöhten Sitz mit Ausblick über den Zug hatte, damit er im Fall der Fälle (z.B. Zugtrennung) ein Warnsignal für den Lokführer abgeben konnte. Bremstechnisch war die Höchstgeschwindigkeit auf 65 km/h begrenzt.

In Preußen entwickelten sich die Güterzug-Begleitwagen von Wagen mit Stirnfronttür mit Überdach zu der kompakten Bauform nach Musterblatt IIa 13a, der dann später der meistgebaute Güterzug-Begleitwagen werden sollte. Von 1913 bis 1929 wurden rund 7.200 Wagen gebaut. Bei Ablieferung der Wagen hatten sie alle noch ein Fenster in der Schiebetür.

Im Laufe der Zeit wurden die Wagen z.T. mehrfach umgebaut, die Gas- Beleuchtung wich der elektrischen Beleuchtung. Außerdem zeigte es sich, dass der Wagenkasten nicht verwindungssteif war und ab den 40er Jahren wurden die Wagen verstärkt, äußerlich erkennbar an den Diagonalstreben am Wagenkasten. Auch zeigte es sich, dass die Fenster in den Türen überflüssig waren. Die DB, die noch Anfang der 50er Jahre über 2.200 Wagen ihr Eigen nannte, baute in den 50er Jahren bei einigen Wagen die Dachkanzel ab, dafür erhielt der Zugführer einen Ausguck an der Seitenwand. Dieser Güterzug-Begleitwagen war recht langlebig: Erst 1972 wurden die letzten Pwg 014 bei der DB ausgemustert, bei der DR erst Ende der 80er Jahre. Zur gleichen Zeit wurde bei der DB auch der Zugführer wegrationalisiert und der Lokführer bekam die Wagen- und Ladepapiere. Damit wurden die Güterzug-Begleitwagen überflüssig. Heute dürfte auch dies der Vergangenheit angehören, die Papiere werden elektronisch übermittelt.

Anfangs waren die Güterzug-Begleitwagen braun gestrichen, ab Ende der 30er Jahre bekamen sie einen grünen Anstrich.

Das Fleischmann- Modell

Güterzug-Begleitwagen sind ein „Muss“ für jeden Modellbahn- Hersteller. Nur die meisten Mitbewerber haben es bei einem Grundmodell belassen und dieses im Laufe der Zeit modernisiert oder in Farb- und Beschriftungsvarianten herausgegeben, aber nicht das Gehäuse verändert. Nicht so Fleischmann: Seit 1973 haben sie den Pwg im Programm. Den Anfang machte der DB- Pwg pr14, der seltsamerweise mit Schlusslichtern ausgestattet war (#8301). Dies war höchst überflüssig, lief doch der Güterzug-Begleitwagen immer an der Zugspitze und da machen Schlusslichter überhaupt keinen Sinn. Endlich nach 46 Jahren konnte sich Fleischmann dazu durchringen, den Pwg in Epoche III in DB Version ohne Schlusslichter zu bringen. Dieser Güterzug-Begleitwagen hatte die bei der DB verbreiteten Diagonalastreben, wie im Modell dargestellt.

Bild 1 Fleischmanns erster Pwg mit überflüssigen Schlusslichtern

2001 erschien die zweite Variante von Fleischmann und zwar die Ursprungsbauart. Diese unterschied sich gegenüber dem Vorgänger durch die durchgehenden Trittbretter am Wagen und die Schiebetüren hatten Fenster. Auf ein Schlusslicht wurde verzichtet. Und der Wagen hatte keine Stummelpuffer mehr, sondern durch die maßstäbliche Länge der Puffer wuchs die Wagenlänge um 2mm auf 53,2mm.

Bild 2 Fleischmanns DRG Pwg als Leig-Einheit

2003 kam die dritte Variante heraus: Der Wagen hatte Verstärkungsstreben nach DR- Bauart, die es vereinzelt auch bei DB- Wagen gab. Das Kennzeichen dieser Bauart waren im Zugführerabteil eine große Diagonalstrebe, im Packabteil kurze Streben nach G-Bauart. Auch hat der Wagen kein durchgehendes Trittbrett. Auch er ist 53,2mm lang.

Bild 3 Fleischmanns DB Pwg als Leig- Einheit

Zweitjüngstes Kind im Bunde ist die Winterneuheit 2014, die im Juni 2015 ausgeliefert wurde mit der Bestell-Nummer 830001. Dieser Wagen hat die Gehäuseform 3, ist in Epoche IV beschriftet, wie auch das Untersuchungsdatum 19.1.70 anzeigt. Als Wagennummer trägt er die 940 2021-4, Bauart-Nr. [9400].

Bild 4 Fleischmanns DR Pwg Epoche IV

Allerdings weist das Epoche IV- Fahrzeug ein paar Ungereimtheiten auf: Auf dem Dach sind zu viele Lüfter, die noch auf die Gasbeleuchtung hinweisen, was aber in Epoche IV kein einziges Fahrzeug mehr hatte.  Einzig das Ofenrohr an der Wagendachseite ist richtig, wenn auch in Epoche IV die Schlusselemente ganz anders aussahen.

Bild 5 Vergleich Fleischmanns Pwg gestern (DB) und heute (DR)

Die August 2019 ausgelieferte Neuheit 830101 stellt ein Epoche III – Fahrzeug dar und ist die jüngste Fleischmann- Kreation. Er trägt die Wagennummer 118 641, damit ist der Wagen der drittletzten Lieferungsserie der Pwg von 1921 zuzuordnen. Äußerlich ist der Wagen eine bloße Beschriftungsvariante des DR Pwg (#830001), der als Winterneuheit 2014 (ausgeliefert 2015) in den Handel kam. Wie aus dem Bild erkennbar ist, weist er die gleichen Fehler (Dachlüfter und Gasbehälter) auf. Auf einen Umstand sei an der Stelle hingewiesen: Offenbar hat Fleischmann an dem Wagen falsche Kupplungsdeichseln verbaut, die viel zu tief liegen. Daher sollte man sich beim Kauf diese Deichseln genau anschauen. Wagen mit dieser Kupplung bleiben an Weichen hängen und entgleisen. Wie auf dem Foto 8 sichtbar, hängt die Kupplung zu tief.

Bild 7 Fleischmanns neuer DB Pwg rechts
Bild 8 Vergleich Fleischmanns neuer DB Pwg und DR Pwg

Ferner müsste Fleischmann erklären, wozu der große Behälter am Wagenboden dienen soll. Wenn es ein Gas- Vorratsbehälter für die Beleuchtung sein sollte, ist er fehl am Platze. Offenbar hat man sich nicht die Mühe gemacht, für ein Epoche III- Fahrzeug die typischen Umbauten am Dach und Wagenboden nach zu bauen, sondern hat das Epoche II (I)-Fahrgestell samt Dach übernommen. Das hatte Fleischmann bei seinem Erstling #8301 schon besser gemacht.

Ansonsten konnte keine groben Maßabweichungen festgestellt werden.

Auf insgesamt 18 Varianten hat es der Güterzug-Begleitwagen bei Fleischmann bisher gebracht, am häufigsten im K.P.E.V.-Dekor (5x), je vier Mal als DRG und DR- Wagen, einmal als ÖBB und jetzt zweimal als DB- Fahrzeug. Ferner gab es den Wagen als Leig- Wagen mit einem Dresden (Gl 11) fest gekuppelt und zwar im DRG und DB- Livree. Kein anderer Hersteller hatte so viele Varianten auf den Markt gebracht.

Die Mitbewerber

Minitrix brachte seinen Güterzug- Begleitwagen als Pwg pr12 bereits 1964 auf den Markt, damals noch branchenüblich mit erhabener Schrift. Im Laufe der Zeit wurde er modernisiert, z. B: gab es eine DRG- Version, aber m.W. hat er nie eine Kurzkupplungskulisse erhalten.

Bild 9 Minitrix erster DB Pwg pr12
Bild 10 Minitrix DRG Pwg pr12

Arnold folgte im gleichen Jahr, presste aber seinen Pwg auf das Einheitsfahrgestell. Damit war der Wagen um einiges zu lang.

Bild 11 Arnold erster Pwg pr 14

Als letzter folgte Anfang der 70er Jahre Piko, der einen grünen und braunen (Stückgutverkehr) Begleitwagen heraus brachte.

Bild 12 Piko DR Pwg pr14 Stückgut
Bild 13 Piko Pwg pr14

Arnold, Minitrix sowie Brawa produzierten weitere Güterzug-Begleitwagen anderer Bauart.

Einsatz auf der Modellbahn

Wie schon erwähnt, wurde der Güterzug- Begleitwagen in erster Linie in Güterzügen eingestellt, vorzugweise direkt hinter der Lok. Dabei spielte es keine Rolle, welcher Art der Güterzug war. Nur bei Übergaben wurde meistens auf den Güterzug-Begleitwagen verzichtet. Eine Ausnahme gab es: Bei Ganzzügen mit z.B. 4-achsigen Selbstentladern (OOtz) wurde der Güterzug-Begleitwagen aus Sicherheitsgründen am Schluss eingestellt. Auf Nebenbahnen ist der Einsatz des Pwgs auch in Personenzügen bekannt, wobei diese Personenzüge nicht schneller als 65 km/h fahren durften. Kurz, ein universell einsetzbarer Wagen, ein Muss für jeden Modellbahner.

Fazit

Licht und Schatten weist die Fleischmann- Neuheit auf, die überflüssigen Zutaten aus Epoche I/II auf dem Dach und den Gasbehälter für die Beleuchtung am Wagenboden seien hier genannt. Ansonsten ein gelungenes Modell, das durch seine feine Beschriftung auffällt, die inhaltlich richtig ist. Ein Ausrutscher von Fleischmann sind sicher die in einigen Serien falsch verbauten Kupplungsdeichseln.

Im Moment ist das Angebot der Modellbahn-Industrie an Güterzug-Begleitwagen eher dürftig: Insgesamt zwei Epoche IV-Wagen der DR sind im Programm. Neben den hier besprochenen Wagen hat BRAWA den Pwgs 44 im Programm. Da der Modellbahner mindestens einen Güterzug-Begleitwagen sein Eigen nennen sollte, sollte er -sofern er noch keinen hat- bald zugreifen.

 

Klaus Kosack

 

Lit.: Carstens/ Scheller/ Westermann, Güterwagen Bd. 6, Fürstenfeldbruck 2011

Carstens, Güterzug- Gepäckwagen, =MIBA- Report 1/2012, Fürstenfeldbruck 2012

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