11/2018 von Klaus Kosack
Nach einer längeren Durststrecke hat uns N- Bahnern der Hersteller BRAWA 2011 wieder mit einem Regelgüterwagen beglückt, der zu vielen tausend Exemplaren beim Vorbild gebaut worden ist, es handelt sich um das Kriegskind Gms Bremen. Zugleich ist der Bremen BRAWAS erster Güterwagen, den auch noch die DB und DR häufig im Bestand hatten.
Die immer größer werdenden Nachschubprobleme bei der Wehrmacht erforderten neues Wagenmaterial, das bei weniger Wagengewicht etwa 50% mehr Ladevolumen gegenüber herkömmlicher Bauarten (z. B. Kassel) aufwies. Zugleich wurden Bauteile standardisiert, sodass auch Bauteile von anderen Herstellern eingebaut werden konnten. Alle Wagen hatten eine LüP von 10m (mit Bremserstand 10,1m) und einen Achsstand von 7m. Die meisten Wagen hatten eine Heizleitung, sodass sie universell mit zugelassenen 100 km/h eingesetzt werden konnten. 1943 wurden die ersten Wagen gebaut; ab 1948 wurden sie bis 1950 weitergebaut. Äußerlich ist unser Kriegskind vom Nachkriegskind nur in der Verstärkungsleiste in der Tür erkennbar: die Kriegskinder hatten eine diagonale Strebe; die Nachkriegskinder dagegen eine mittig senkrechte Strebe. Im Krieg wurden 7.280 Bremen gebaut, weitere verstärkte 6.190 Bremen wurden 1948- 1950 gebaut.
Foto 1: Skizze des Gms Bremen (DV 939d, Ausgabe 1967)
Bei der DB wurden sie 1952 zu Gmhs 35 umgezeichnet; bei der DR firmierten sie ab der Gruppennummer 11-01-01 bis 11-96-69 (mit Lücken). In Epoche IV wurden sie bei der DB zu Glm(s) 201, bei der DR zu Glms 1364 umgezeichnet.
In der Nachkriegszeit rächte sich die Sparbauweise der DRG, wichtige Teile waren zu schwach ausgebildet bzw. mit schlechten Stahl zusammengebaut worden; die Wagen wurden im AW den Nachkriegswagen angepasst. Die meisten jüngeren Bremen wurden dem EUROP – Park zugestellt. Die letzten Bremen wurden bei der DB 1979 ausgemustert.
Auf der Basis des Bremens wurde ein Güterzugbegleitwagen entwickelt. Äußerlich hat er viele Ähnlichkeiten mit dem Bremen, nur hat er ergänzend Fenster bekommen. Vom Pwgs 44 wurden knapp 4.600 Wagen gebaut, wovon die DB noch 2.500 Wagen übernahm. Bis 1973 war der Pwgs 44 ausgemustert.
BRAWA hat beim Bremen einen Wagen der Kriegsbauart, erkennbar an den Diagonalprofilen in Türen und Stirnwänden, nachgebildet. Somit sind Varianten in den Epochen II bis IV möglich, die BRAWA schon bei der Erstausgabe genutzt hat. Im Gegensatz zur Ankündigung wird das Modell (67200) mit Bremserbühne ausgeliefert.
Foto 2: Bremen DB EUROP (2018)
Foto 3: Bremen DB Bremserbühne
Foto 4: Bremen DB gealtert
Foto 5: Bremen DR
Darüber hinaus hat BRAWA die Gelegenheit genutzt, den Wagen mit und ohne Bremserbühne herauszubringen, auf dem gleichen Fahrgestell wurde auch noch der Pwgs 44 produziert.
Foto 6: Pwgs 44
Bei Wagen mit langem Achsstand war es eine Herausforderung an die Konstrukteure eine funktionierende Kurzkupplungsmechanik am äußersten Wagenende zu platzieren. BRAWA hat hier eine deutlich bessere Konstruktion als bei Hobbytrains Oppeln umgesetzt, die letztlich mit dem klassischen Konzept mit Dreieckskulisse und Federdraht arbeitet. Die Rückseite des Normschachtes liegt dabei in Geradeausstellung einen Hauch vor den Achsen. Die Auslenkung funktioniert leichtgängig und lagestabil, da schlabbert nichts. Bei extremer Auslenkung gerät der Normschacht an die Innenseite der Radsätze und kann dann zum Bremsklotz werden.
Foto 7: Bremen von vorne
Foto 8: Bremen von unten
Bei der Optik fallen zunächst das gelungene seidenmatte Finish und die gute Bedruckung des Aufbaus auf. Auch am Langträger finden sich lesbare Anschriften, diese sogar mehrfarbig.
Der DB Wagen trägt die Nummer 231 840, mithin aus dem richtigen Nummernkreis, aber wie das Foto im Carstens, Bd. 1, S. 35 zeigt, hatte der Wagen mit dieser Nummer im Gegensatz zum Modell keine Bremserbühne! Dafür aber – wie alle jüngeren DB- Wagen eine EUROP- Beschriftung.
Die Gravuren des Aufbaues überzeugen nicht wirklich. Sie sind zwar scharf, aber die Nachbildung der Bretterstruktur der Wände finde ich nicht so gelungen. Die Fugen zwischen den einzelnen Brettern sind mir zu sehr betont. Die Türen des Modells weisen schmalere Bretter als die Wände auf. Ich will nicht ausschließen, dass es so etwas gegeben hat, aber typisch ist es sicherlich nicht. Zumindest beim o.g. Buch von Carstens gibt es kein Foto eines Wagens mit dieser Bretterart in den Türen. Alle BRAWA- Modelle (auch der Pwgs 44) weisen diese merkwürdige Bretterstruktur bei den Türen auf.
Das Fahrwerk weist zahlreiche Details auf. Der Unterboden ist vorbildnah graviert, die Bremsklötze sitzen auf der Ebene der Radlaufflächen. Die Radsätze dürften gerne etwas weniger glänzen. Die Rangierertritte an den Stirnseiten sind m. E. nach ein guter Kompromiss zwischen Filigran und Stabilität. Das gilt ebenso für das Geländer der Bremserbühne. Die Puffer sind etwas magersüchtig ausgefallen. Den Tragrahmen mit Bremsumsteller ist fein geraten; gleichwohl bietet das Verpackungsinlay des Modells wie auch beim Reko-Speise-/Büffetwagen Abbrechpotential. Das Inlay hat nur auf der rechten Seite eine entsprechende Aussparung, also bitte den Wagen seitenrichtig einlegen, sonst verabschiedet sich das Teil. Bei der Neuauflage hat BRAWA dieses Detail verbessert, hier hat BRAWA bei der Verpackung nachgearbeitet.
Der Wagen fügt sich problemlos in die Reihe gedeckter Güterwagen anderer Anbieter ein;
Für den Standardkupplungskopffahrer hat BRAWA unter technischen Gesichtspunkten ein absolut betriebstaugliches Modell auf die Gleise gestellt. Gratulation! In Bezug auf die Optik überzeugt der Bremen nicht ganz auf Anhieb.
Als Brot- und Butterwagen ist der Bremen universell einsetzbar. Er passt in Durchgangsgüterzügen, die 100 km/h laufen konnten, wie auch in Nahgüterzügen oder Übergaben. Je nach Größe der Anlage passen auch mehrere Bremen auf die Schienen. Nach dem Vorbild waren Güterzüge mit gedeckten Güterwagen fast immer aus mehreren Bauarten zusammen gestellt. Schade ist, dass sich die Türen nicht öffnen lassen, etwa für Ladestraßen- Szenen. Wer bunte Wagen liebt, kann auch auf die unzähligen Bremen mit Werbeaufschrift zugreifen, sollte aber im Hinterkopf haben, dass die meisten Werbewagen vorbildfrei sind.
Nach 2011 hat BRAWA den Bremen in unzähligen Versionen- die meisten sind vorbildfrei- herausgebracht. Jüngstes Kind sind die Bremen mit dem Logo der wichtigsten Lokfabriken in Deutschland, vier Bremen wurden damit verziert. 2018 sind außerdem weitere sechs Varianten angekündigt worden, davon je einer im DB, DR und DRG- Dekor. Die anderen drei Bremen haben Firmen-Aufschriften, davon einer DRG-Beschriftung - wobei sich der Verfasser fragt, ob es 1943/44, also mitten im Krieg, vermietete Bremen gab. Der Wehrmachtsnachschub war sicher wichtiger. Die andern beiden Bremen zieren Aufschriften von DDR-Firmen. Alles in Allen hat BRAWA inzwischen 62 Varianten des Bremens herausgebracht bzw. angekündigt, wovon nur 3 eine Bremserbühne haben. Durch den Einsatz als Kriegsgüterwagen haben fast alle Nachbarbahnen Deutschlands den Bremen in ihren Bestand genommen. Hier gibt es sicherlich weiteres vorbildgerechtes Variantenpotential für BRAWA.
Klaus Kosack
Lit.: St. Carstens et al., Güterwagen Band 1, Nürnberg 1988
BZA (Hrsg.), DV 939d, Ausgabe 1967, Minden 1967
Wagen, Archiv der dt. Reisezug- und Güterwagen, Blatt Glm 201
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