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08/2015 von Klaus Kosack

Blaue F-Zug-Wagen von Fleischmann

Über das Vorbild

Ende der 30er Jahre entwickelte die Reichsbahn neue Schnellzugwagen windschnittiger Bauart, die hinter den neuen Stromlinienloks eingesetzt werden sollten. Neu war an den Wagen, dass die Eingangstüren nicht mehr eingezogen waren wie bei den Vorgängerbauarten, sondern in einer Ebene mit den Wagenwänden lagen. Die Höchstgeschwindigkeit der Wagen sollte 150km/h betragen. Zur weiteren Reduzierung des Luftwiderstandes bei hohen Geschwindigkeiten hatten die Wagen alle eine Schürze. Später bekamen die Wagen den Spitznamen „Schürzenwagen“, bahnamtlich sind es Wagen der Bauart 39. Die Wagen liefen alle auf Drehgestellen der Bauart Görlitz III leicht mit 4. Federung.

Etwa 500 Schürzenwagen wurden an die Reichsbahn geliefert; die häufigste Bauart war der C4ü-38 mit 349 Exemplaren. Gebaut wurden Wagen der Bauarten AB4ü-38, ABC4ü-39, BC4ü-39 und C4ü-38. Aufgrund des Krieges wurden bereits vergebene Bestellungen der Wagen storniert. Die Länge der Wagen variierte je nach Bauart um paar Zentimeter, die meisten Wagen waren 21,27m lang. Nach dem Krieg waren die Wagen in vielen Nachbarländern stehen geblieben; die DB hatte noch rund 200 Schürzen-Wagen in ihrem Bestand.

Anfang der 50er Jahre kam die Idee auf, diese Wagen für den hochwertigen Fernverkehr auf Basis der neuesten D-Zug-Wagen um zu bauen. In den Bauprogrammen „Cilly“ und „Ida“ wurden die Wagen hergerichtet; neu war, dass auch die 3. Klasse gepolsterte Sitze statt der bisherigen Holzbänke bekam. Werbewirksam erhielten die Wagen einen kobaltblauen Anstrich, zudem prangte mit erhabenen Alu-Lettern der Schriftzug „DEUTSCHE BUNDESBAHN“ mittig auf den Seitenwänden. Diese Wagen wurden ab 1951 in den neuen F-Zügen „Rheingold-Express“ und „Loreley“ eingesetzt, die von München/Basel nach Holland und zurück fuhren und alle 3 Klassen führten. Als erste Wagen wurden die ABC4ü-39 hergerichtet, von denen 22 Wagen umgebaut wurden.
Als später dann neuere 26,4m-Wagen zur Verfügung standen, wanderten diese Wagen in untergeordnete Dienste ab und wurden als AB4ü-39/51 wieder grün gestrichen. 

Die Vorgänger-Modelle

Vorreiter der Schürzenwagenproduktion war diesmal Roco, die ihre Schürzenwagen bereits 1980 in Epoche IV herausbrachten. Damals erschienen der Aü 310, ABüe 334/336, Büe 366, WRügh 152, Schürzenschlafwagen und Postwagen. 1981 folgte ein achtteiliges Schürzenwagenset der Epoche II. 1983 kam als Nachzügler der blaue AB4ü-38/51 in Epoche IIIa, allerdings nie in der häufigsten Variante als ABC4ü-38/51.


Der Roco-Wagen von 1983 als AB4ü-38/51 in stahlblauem Farbkleid, deutlich zu sehen die aufgesteckten Lüfter.

Nachdem sie eine Weile vom Markt verschwunden waren, kamen 2008 von Roco die ersten grünen Schürzenwagen in Epoche III heraus, deren Produktion Roco 2009 wegen Konkurs eingestellt wurde. Nie hatten die Wagen eine Kurzkupplung, dafür einen Mechanismus, der die Einstiegstreppen unter den Türen beim Ausschwenken des Drehgestells verschob.
Der grüne Roco-Wagen (#N24551) AB4üwe-39/51 trägt die Nummer 17 606 Hmb. Offenbar hat Roco damals nicht sauber recherchiert, denn diese Nummer gehört einem B4üwe-39/52!


2008 erschien der Schürzenwagen von Roco als Wiederauflage in grün, Abb. ohne montierte Lüfter.


1999 folgte Minitrix, im Gegensatz zu Rocos Wagen mit Kurzkupplung. Auch Minitrix brachte alle vier Schürzenwagentypen plus Speise-, Schlaf- und Postwagen auf den Markt, wobei Varianten der Schlaf- und Postwagen seltener produziert worden sind. Gewöhnungsbedürftig waren die unten schräg gekappten Faltenbälge, für den Endwagen lagen eingezogene Faltenbälge zum Austausch bei.


Der Wagen von Minitrix als ABC4ü-38/51, ebenfalls in Stahlblau, die (vereinfachten) Lüfter sind angespritzt.

Minitrix hatte blaue und grüne Schürzenwagen der Epochen II bis IV im Programm, außerdem ein Kind der unmittelbaren Nachkriegszeit, als viele der neueren Schnellzugwagen für den Besatzerverkehr beschlagnahmt waren, als USTC-Wagen. Beim genauen Hinsehen erscheinen die Drehgestellblenden der Minitrix’schen Wagen etwas verhunzt.

Das neue Fleischmann-Modell

Fleischmann hat sich nun als dritter Hersteller an diese Wagenart herangemacht, da die beliebten Schürzenwagen seit 2009 nicht mehr hergestellt wurden. 2013 kündigten die Heilsbronner an, auch Schürzenwagen zu produzieren, man nahm die Formen aus dem Roco-Erbe und überarbeitete sie, im Herbst 2014 wurden sie ausgeliefert.
Übrigens: Früher schon hatte Fleischmann blaue F-Zug-Wagen der 35er Bauart nebst Packwagen Pw4ü-37/51 in den Zugsets „Merkur“ und „Gambrinus“ zusammen mit der Dampflok 01.10 heraus gebracht.

Bislang sind Modelle der Epoche II (DRG) und Anfang 2015 blaue DB-Wagen erschienen. Zweifellos hat sich Fleischmann am Roco-Erbe bedient, hat aber das Fahrgestell (zumindest den Bereich der Drehgestelle) neu konstruiert. Jetzt haben alle Wagen eine Kurzkupplung. Optisch sind auf dem ersten Blick kaum Unterschiede zwischen den Roco- und Fleischmann-Wagen erkennbar.


Ein optischer Vergleich der Wagenböden. Oben auf dem Bild der „alte“ Roco-Wagen, unten das „neue“ Modell von Fleischmann.

Wie schon erwähnt hat Fleischmann den ehemaligen Roco-Wagen eine Kurzkupplungsmechanik spendiert. Hierfür musste das Fahrgestell in Teilen neu konstruiert werden. Beim neuen Wagen werden die Einstiegstreppen auch durch das Drehgestell angelenkt, die Kurzkupplung ist über ein ovales Loch über dem Drehgestell weiter hinten mit einer Feder gesichert. Eine trickreiche, aber effektive Konstruktion.


Die neu konstruierte Kupplungsdeichsel mit der Zugfeder, darunter der Roco-Wagen ohne KK.

Neu ist auch, dass die Lüftungshutzen auf dem Dach bereits montiert sind, hier wurde das Dach neu konstruiert und die fummelige Montage der Lüfter entfällt. Die Lüfter sind jetzt in der Dachfarbe gehalten, vorher waren sie schwarze Bauteile, die wegen ihrer Winzigkeit bei der Montage sich gerne von der Pinzette verabschiedeten und auf Nimmerwiedersehen verschwanden (Es war schon Geduld aufzubringen, bis bei dem ABC4ü alle 8 Lüfter montiert waren. Dem Wagen waren 10 Lüfter beigepackt. Beiden Wagen waren außerdem eingezogene Faltenbälge beigegeben, die waren dafür vorgesehen, das Zugende zu markieren).
Weniger gefallen die Toilettenfenster der Fleischmann/Roco-Wagen. Sie sollten eigentlich weiß hinterlegt sein, sind aber seit über 30 Jahren nur geriffelt. Das hat Minitrix besser gelöst.

Der hier besprochene ABC4ü-39/52 (#867103) trägt die Wagennummer 214 007 Kar und trägt damit noch die Nummer aus der Reichsbahnzeit. Durch Ausmusterung älterer Länderbahnwagen wurden 1956 Nummerngruppen frei und die ABC4ü-39/52 wurden der Nummerngruppe 14 502ff zugewiesen. Die 200 000er Nummern waren ein Behelf, da durch die Übernahme der Wagen der ÖBB 1938 das bisherige Nummernsystem gesprengt wurde.
Das Vorbild dieses Fleischmann-Wagens wurde 1940 von Westwaggon geliefert, 1956 zu 14 507 um genummert und lief fortan als AB4ü-39/51. 1966 bekam er die UIC-Nummer 38-40 102-3 und lief als ABüe 334. Als er später (1970) nur noch 120km/h fahren durfte, bekam er die vierte Nummer 38-10 102-0. Schließlich wurde 1978 der Wagen ausgemustert. Ende der 50er Jahre wurde der Wagen aus dem F-Zug-Verkehr abgezogen und bekam bei der nächsten Revision wieder sein grünes Kleid, jedoch ohne die erhabenen Alu-Lettern, dafür prangte in der Mitte der „DB-Keks“.


Der neue Schürzenwagen von Fleischmann als ABC4ü-39/52. Die detaillierten Lüfter sind jetzt bereits werksseitig montiert und in der (möglicherweise etwas zu hellen) Dachfarbe lackiert.

Die Wagen sind maßstäblich lang und auch die Drehgestellblenden gefallen. Durch die gewählte Konstruktion der Einstiegstritte sind sie sehr betriebssicher. Nur die neuen Fleischmann-Schürzenwagen können mit der hauseigenen Kurzkupplung ausgestattet werden, ebenso wie die Minitrix-Wagen. Die Roco-Wagen dagegen konnten mit der (heute vergessenen) Roco-Kurzkupplung (#20030) ausgestattet werden, wobei eine Anlenkung der Kupplung in Bögen nicht erfolgte.

Einsatz auf der Modellbahn-Anlage

Die blauen F-Züge können sicherlich nur auf größeren Anlagen eingesetzt werden, bestanden diese Züge doch mindestens aus acht Wagen, darunter ein Speisewagen und Gepäckwagen. Im Jahre 1951 sah der Rheingold-Express wie folgt aus:

Lok - 2x ABC4ü - Pw4ü - C4ü - AB4ü - WR4ü - 2x ABC4ü. Laufweg Hoek van Holland - Basel SBB.
Zuglok war von Kaldenkirchen bis Köln BR die 41 oder 03, Köln bis Mannheim die BR 03.10, Mannheim bis Basel Bad Bf. die BR 01 und Basel Bad. bis Basel SBB die BR 75.4.
Alle Reisezugwagen waren blau, auch der Speisewagen, der von CIWL gestellt wurde. Vor 1955 durften wegen alliierter Vorbehalten keine DSG-Speisewagen ins Ausland fahren. Nach 1955 gab es neue Verträge, die einen Einsatz der DSG-Speise- und Schlafwagen ins Ausland erlaubten. Interessant war auch der Einsatz der vier ABC4ü-Wagen: Sie allesamt waren Kurswagen, die nach Wien, Meran, Chur und Göschenen fuhren. Zwei der Wagen kamen von Amsterdam, die in Köln zum Zug kamen, zwei der Kurswagen verließen den Zug in Mannheim. D.h. nur im Abschnitt Köln - Mannheim waren acht Wagen angehängt, vorher und nachher nur deren sechs. Aus dem Rheintal gibt es viele Aufnahmen des F-Zuges vom Altmeister Carl Bellingrodt. Der Packwagen war ein umgebauter Pw4ü-37/51 mit Seitengang, damit die Fahrgäste der beiden vorderen Wagen auch zum Speisewagen gelangen konnten. Alle o.g. Zugloks gab es in N: BR 03, 03.10 (Altbaukessel) und 41 von Minitrix, BR 01 und 75.4 von Arnold. Einen CIWL-Speisewagen gab es näherungsweise von Arnold/ Rivarossi.
Wer also keinen Platz hat den oben beschriebenen Rheingold-Express nach zu stellen, kann ja den Flügelzug mit dem ABC4ü-Kurswagen nachstellen. Die Kurswagen waren vorne oder hinten im Zug eingestellt. Wenn man weiter annimmt, dass der Rheingold-Express große Verspätung aufwies und der Flügelzug nicht mehr warten konnte, hat in solchen Fällen die DB Ersatz-Kurswagen-Züge eingesetzt, die aus dem Kurswagen und ein bis zwei Verstärkungswagen C4ü oder C4i (8 türige Eilzugwagen) bestanden. Weil nicht so viele Schnellzugloks vorhanden waren, griff man häufig auf die BR 38.10 als Zuglok zurück. Solche Züge passen sicher besser auf die Anlage. Ja, ja, man muss nur plausible Ausreden haben. Mit diesem Wagen lassen sich herrliche Züge der frühen Epoche III nachbilden.

Klaus Kosack


Literatur: Kirchner/Wagner, Schürzenschnellzugwagen, Teil 1, Fürstenfeldbruck 2010
Obermayer, Taschenbuch Deutsche Reisezugwagen, Stuttgart 1978
Scharf/ Ernst, Vom Fernschnellzug zum Intercity, Freiburg 1983



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