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07/2020 von Klaus Kosack

Bemerkungen zu Minitrix Wagenset „Merkur"

Zugpackung Merkur (Werksfoto)

Im Sommer 2020 erschien ein 4-teiliges Wagenset von Minitrix (#15132), dass dem F-Zug „Merkur“ nachgebildet ist. Unterstützt wurde diese Neuheit von der MHI. In diesem Beitrag wird das Wagenset mal näher unter die Lupe genommen. Es ist das zweite Mal, dass es eine Zugpackung namens „Merkur“ in N gibt.

Zur Zuggeschichte

Im Jahre 1951 führte die junge DB eine neue Zuggattung ein, den „F“ als Fernschnellzug. Er hatte die Aufgabe, besonders schnelle Verbindungen zwischen den Oberzentren der BRD herzustellen. Er führte ausschließlich die damalige 2. Klasse, die 1956 zur 1. Klasse hochgestuft wurde.

Schon beim Start der F-Züge im Sommerfahrplan 1951 war unser „Merkur“ mit von der Partie und war als F-Zug mit den Zugnummern F 3 /4 und dem Laufweg Frankfurt(M)- Hamburg mit dabei. Dieser Zug fuhr mittags gegen 13 Uhr in Frankfurt ab und war am späten Abend in Hamburg. Ab 1955 wurde der Laufweg von und nach Stuttgart verlängert. Damit war 1958 wieder Schluss und der südliche Endpunkt war wieder Frankfurt. Dafür bekam der Zug zwei Kurswagen aus Stuttgart zugestellt.

Dem Autor liegen Reihungspläne (Zp AR) aus den Jahren 1956, 1958 und 1969 vor, wo der „Merkur“ aufgeführt ist. Im Jahre 1967 wurden die Zugnummern bei der DB neu geordnet; unser „Merkur“ fuhr jetzt als F 31/32 bis 1969, wo er die Nummer F 130/131 bekam. 1971 wurde er zum IC umgetauft und fuhr weiter bis München. Im Jahre 1974 wurde der Zug gar zum TEE „befördert“ und fuhr nun von Stuttgart nach Kopenhagen. Zum Schluss (1990) fuhr er als zweiklassiger IC 31/32 zwischen Frankfurt und Kopenhagen.

Zuglaufplan F 3 Merkur –Sommer 1956; schwarzes Dreieck: Bedarfswagen

Der Namensgeber „Merkur“ war bei den alten Griechen der Götterbote, auch für den Handel zuständig. Der Zug verband die Handelsmetropolen Frankfurt und Hamburg.

Mit seiner Fahrtzeit von knapp 8 Stunden (einschl. der 13 Halte ab Frankfurt) lag der Merkur 1958 auf Platz 13 der DB Hitliste mit einer Geschwindigkeit von 85,3 km/h für die 676 km.

Eingesetzte Wagen des „Merkurs“

Anfangs wurde unser „Merkur“ mit umgebauten stahlblauen Wagen der Gruppe 28, 35 oder 39 gebildet; Zuglok war u.a. die Baureihe 03. Typische Reihenfolge des Zugs war BR 03- A4ü-35-A4ü-35-WR4ü-28-A4ü-28. Dieser Zug kann mit älteren Minitrix oder Fleischmann- Fahrzeugen komplett nachgestellt werden.

Ab Mitte der 50er Jahre wurden die blauen Vorkriegswagen durch Neubauwagen der Gruppe 53 –hier A4ümg-54- ersetzt. Ursprünglich hieß der Wagen AB4ümg-54. Es waren die ersten Neubauwagen, die in größerer Serie der späteren 1. Klasse beschafft wurden. Von diesen Wagen wurden insgesamt 199 Fahrzeuge ab 1954 beschafft.  1958 sah die Reihenfolge so aus: BR V 200 – 2x A4ümg-54 (MT)- WR4ümg (MT) - A4ümg-54 (MT), so die hier zu besprechende Zugpackung. Zu Spitzenzeiten (z.B. Montags) wurde dem Zug noch ein vierter 1. Kl. Wagen beigestellt.

Anfang der 60er Jahre wurde das Wagenmaterial weiter modernisiert: Zum Einsatz kamen jetzt Neubauwagen der Gruppe 63, wie sie Fleischmann plant. Diese Wagen hatten Drehfalttüren, konnten zentral verschlossen werden, zweiteilige Türen beim Übergang zum nächsten Wagen und konnten in der Regel 160 km/h laufen, 20 km/h mehr als die Vorgänger. Von diesen Wagen A4üm-61 gab es 144 Stück.

Der Merkur im Modell

Den Anfang machte Fleischmann mit seinem Merkur: 1998 präsentierten sie ein Zugset (#7895) mit der Baureihe 01.10 und drei 35er Schnellzugwagen, einer davon war ein Speisewagen. Dummerweise hatte der Zug mehrere Fehler: Eine BR 01.10 hat es selten vor dem Merkur gegeben. Da der Zug immer schon aus mindestens vier Wagen bestand, fehlt ein Reisezugwagen (wurde aber als Zukauf angeboten, ebenso ein überflüssiger Packwagen).

Zu den Neubauwagen (26,4m Länge beim Vorbild) im Modell: Seit 1973 produzierte Minitrix diese Wagen als Modell. Bei der Erstausgabe waren die Wagen alle in Epoche IV gehalten und firmierten als Aüm202. Die Wagen hatten damals eingesetzte Fensterrahmen und dahinter die Scheiben. Das sah wenig vorbildgetreu aus. Bis 1990 stand der Wagen so im Katalog.

Minitrix Am 202 -- 1973

In diesem Jahr entschloss sich Minitrix seine 26,4 m Modell-Flotte zu modernisieren und spendete ihnen eine Kurzkupplungskulisse. Die untere Trittstufe blieb am Drehgestell angespritzt. Zugleich wurden die Fenster optisch verbessert: Jetzt bildeten das Glas der Fenster eine Einheit mit dem Rahmen. Die Sensation (für mich) aber war, dass die Wagen endlich auch in Epoche III erhältlich waren. Der Wagen war lt. Beschriftung ein A4üm -54. Die ersten neuen Wagen wurden in einer Verpackung ausgeliefert, wo im Inlet noch die Bestellnummer des Vorgängers (#3080) prangte. 2007 erschien der Wagen nochmals im Zugset D 265, der nur für Club-Mitglieder erhältlich war, unverändert noch einmal.

Minitrix Aümg-54 -1990 in kobaltblau

Die Neuheit 2020 gehört zur dritten Generation der blauen 26,4 m-Wagen-Modelle von Minitrix. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ist keine der Trittstufen am Drehgestell angespritzt, sondern die Trittstufen sind fest am Rahmen verbaut. Keiner der Wagen hat ein elfenbeinfarbigen 1. Klasse Strich, der über den Fenstern angebracht war. Diese Kenn-zeichnung wurde erst im Februar 1958 eingeführt und nach der Einführung hatten sicher nicht alle 1. Klasse-Wagen den Strich. Das dauerte noch ca. 24 Monate, bis alle Wagen so gekennzeichnet waren. Ab 1962 wurde ein kräftigeres Gelb genutzt. Ferner hat der Merkur-Wagen ein helleres Blau (stahlblau) als sein Vorgänger, der wie alle Wagen später in kobaltblau lackiert waren.

Minitrix A4üm-54- Merkur in stahlblau
Minitrix Merkur mit 4 Wagen und V 200 (1956)
F3 Merkur 1964 mit Fleischmann-Wagen A4üm-61

Der A4ümg-61 erschien als Modell der Wagen schon drei Mal: Den Anfang machte Atlas/ Rivarossi 1968, in dem sie einen 1. Klasse FS-Wagen uns als blauen DB- Wagen unterjubelte. Diesen Wagen brachte Arnold 2007 in dem Wagenset „Hanseat“ noch einmal heraus. Wie man sieht, sind die Fenster zu groß geraten. Fleischmann ist der zweite Produzent, der den A4üm-61 erstmals 2002 herausbrachte. Diesmal als Epoche III- Fahrzeug. 2020 wird auch Fleischmann seine 26,4 m Modell-Flotte modernisieren. Ende 2020 werden voraussichtlich die neuen Wagen im Handel sein, jedoch alle in Epoche IV. Last but not least machte sich auch Minitrix den Wagen zu eigen, als „Blauer“ soll er Ende 2020 erscheinen.

Arnold Aüm-61 (Hanseat)
Fleischmann Aüm-61

Kommen wir zurück zur Zugpackung: Der Zug ist der Epoche III zuzuordnen, also nach 1956, dem Zeitpunkt der Klassenreform allerdings vor 1958. Alle Sitzwagen haben die 1. Klasse; jeder Wagen hat beim Vorbild 60 Sitzplätze.  Zwei der blauen Wagen laufen zwischen Stuttgart und Hamburg, der dritte mit Zugschluss von Frankfurt nach Hamburg.

Der beigefügte Speisewagen ist vom Vorbild der Älteste. Er gehört zu den letzten gebauten Speisewagen der Mitropa und waren damals die jüngsten Speisewagen der DSG. Der Speisewagen hört auf den Namen WR4üm-39. Der beigefügte Wagen hat die Nummer 1201. Das Vorbild wurde 1940 in Dienst gestellt. Von diesem Wagen wurden 90 Wagen 1939/1940 beschafft, die DSG hatte 1977 noch 30 Wagen im Bestand. Dem Wagen sind vier Füllstücke zur Verlängerung der Schürze beigepackt. Mit der Verlängerung kann aber der Wagen nicht mehr durch R1 fahren. Den Speisewagen liegen noch Versatzstücke bei, um die Schürze zu verlängern. Allerdings kann der so aufgerüstete Wagen nicht mehr durch alle Radien fahren.

Minitrix WR4ü-39- Merkur

Einer der A4ümg-54 Wagen (mit Zuglauf Frankfurt- Hamburg) hat Zugschlusslampen mit LED. Was weniger gefällt, ist die eingebaute Zwangsbeleuchtung der Wagen. Es sieht (für mich) schon merkwürdig aus, wenn ein Zug bei Tageslicht (meistens auf der Anlage) voll beleuchtet herum fährt. Zudem die Beleuchtung mindestens 10 € pro Wagen zusätzlich zu Buche schlägt. Nicht ganz gefällt das ziemlich grelle Licht der LED- Beleuchtung. Besser hätte sicherlich ein Gelbton gepasst, denn in den 50er Jahren waren Neon-Leuchten in Gebrauch. Der Speisewagen hat keine Tischlampen. Auffällig ist das gelegentliche Flackern der Beleuchtung im Betrieb. Einer der Wagen hat eine Schlussbeleuchtung, wo ein Flackern nicht festgestellt werden konnte. Apropos Schlussbeleuchtung: Der Frankfurter Kurswagen hat sie. Die Schlusslampen sind abschaltbar. Hierzu muss das Dach abgenommen werden und am Wagenboden sitzt ein winziger Schalter. In Frankfurt musste aber der Zug Kopf machen und die neue Lok V 200 hat den Kurswagen mitgebracht und war so der erste Wagen hinter der Lok. Besser hätte einer der Stuttgarter Wagen ein Schlusslicht gehabt.

Passende Lokomotiven

Laut Produkt-Information soll der Zug Ende der 50er Jahre spielen. Erst 1959 bzw. 1962 waren die Rheintalstrecken elektrifiziert. Ab 1968 war der gesamte Laufweg Frankfurt- Hamburg elektrifiziert. Aus Fotos aus der zweiten Hälfte der 50er Jahre ist ersichtlich, dass dem Zug die damals neue V 200 vorgespannt und zwar auf dem gesamten Laufweg ab Frankfurt.  Daher kann man den Zug auf die Jahre 1956/ 58 eingrenzen. An diesem Punkt hat Minitrix alles richtig gemacht. Fotos aus dem Jahre 1958 belegen, dass auch V 200 mit DB- Keks vor dem Merkur gespannt waren. Wer lieber eine andere Traktionsart möchte, dem sei auf dem Südabschnitt eine Ellok (z.B. Kasten E 10) empfohlen, oder bei Ausfall der Diesellok eine Schnellzugdampflok (BR 01 oder 03). 1955 war noch die typische Bespannung des „Merkurs“ wie folgt: Stuttgart- Heidelberg E 18 (Piko); Heidelberg- Frankfurt BR 18.6 (Minitrix); ab Frankfurt bis Hamburg BR 03.10 (Minitrix).

Mein Fazit

Der Vergleich der „Merkur“- Wagen mit den Mitbewerbern (und Vorgängern) zeigen folgende Fotos.

Hier wird der neue Minitrix-Wagen mit dem Fleischmann-Wagen nebeneinander gestellt. Von der Wagen- und Pufferhöhe passt der Merkur-Wagen ganz gut mit dem Minitrix-Wagen zusammen, beim Fleischmann-Wagen sieht man seine Hochbeinigkeit, auch wenn 5,6 mm Räder verbaut sind.

Höhenvergleich Aüm Minitrix (li) neu- alt (1990) (re)
Höhenvergleich Aüm li Minitrix re Fleischmann 5,6 mm Räder

Interessant ist ein Blick auf die Minitrix Wagen von unten. Auf dem Foto sieht man den Formenbau des Wagens seit 1973. Der oberste Wagen wurde vor 47 Jahren gebaut; der Mittlere hat 30 Jahre auf dem Buckel und der unterste ist die Neuheit.

Drei Generationen Minitrix A4ümg- 54; oben 1973, Mitte 1990 unten Neuheit

So gab es bei den Minitrix „Merkur“ wenig zu bekritteln und es wurde ein toller Epoche III- F-Zug vorgestellt. Andererseits wird das Wagenset zu einem sehr ambitionierten Preis von knapp 250 € UVP angeboten, also 62,50 € je Wagen.  Zuglok ist die ebenfalls angekündigte V 200.0. Man kann aber auch jede andere V 200 (z.B. von Roco) nehmen. Dabei muss auf den Schriftzug „DEUTSCHE BUNDESBAHN“ geachtet werden. Ein Wagen weniger als der „Hanseat“ von Arnold und jetzt der 2,5 fache Preis. Quo vadis N-Bahn?

 

Klaus Kosack

 

Lit.:

Scharf/ Ernst, Vom Fernschnellzug zum Intercity, Freiburg 1983

P. Goette, Leichte F-Züge der Deutschen Bundesbahn, Freiburg 2011

DB (Hrsg) Zugbildungsplan Zp Au, Ausgabe 1956

div. Kursbücher der DB

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