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06/2018 von Klaus Kosack

Ein D-Zug der Epoche IIIa von Fleischmann

Von Niedersachsen zum Bodensee - oder der drei Zonen Zug

Fleischmann lieferte in diesen Tagen eine Baureihe 39 nebst vier preußischen Schnellzugwagen in den Handel aus. Ein Blick auf den Laufanzeiger der Wagen verrät noch Folgendes: Der Laufweg der Wagen ist von Hannover Hbf-Bebra-Frankfurt (M) Hbf-Karlsruhe Hbf-Offenburg-Villingen nach Konstanz, also ein Zug von Niedersachsen zum Bodensee. Damit fuhr der Zug von der ehemaligen britischen über amerikanischen zur französischen Zone und durchfuhr damit alle drei Westzonen.

Gab es einen solchen Zug wirklich, oder ist es eine Phantasie von Fleischmann entsprungen? Dieser Frage wird in diesem Blogbeitrag nachgegangen.

Meine Recherche ergab, einen solchen Zug zum Bodensee mit dem Laufweg über Frankfurt und Offenburg gab es wirklich und der wurde als D 469/470 in den Kursbüchern geführt, wobei es laut den Wagenmodellen sich um den D 470 Hannover-Konstanz handelt.

Somit wäre das erste Rätsel gelöst.

Nächste Frage wäre, wie sah der D 470 wirklich aus? Konnte es sein, dass der Zug nur aus preußischen Schnellzugwagen bestand? Leider hat der Verfasser in seiner Bibliothek keinen Bildbeweis eines rein preußischen D-Zugs finden können, wohl aber Züge, in denen Preußen-Wagen eingestellt waren. Das war wohl eher normal, zumal man nehmen musste, was fahren konnte. Häufig waren in den D-Zügen der frühen 50er Jahren DRG-Eilzugwagen eingestellt, denen man einen Faltbalgübergang spendiert hatte. Das waren modernere Wagen als die Länderbahnwagen aus der Kaiserzeit.

Wie sah der D 470 wirklich aus, welche Wagenreihung hatte er?

Leider liegt dem Verfasser kein Wagenreihungsplan von 1953 vor, sondern nur der vom Sommer 1956 (erster Fahrplan nach Abschaffung der 3. Klasse). Warum 1953? Die Revisionsdaten der Wagen liefern den Hinweis auf das Jahr 1953. Der Stammzug von Hannover nach Konstanz sah 1956 wie folgt aus: Lok-Post4-Pw4ü-B4ümg-B4ümg-AB4ümg-AR4ümg-B4ümg. Geführt wurde er 1956 als „LS“, ein leichter Schnellzug mit Neubauwagen, was bei den Sitzwagen auch zutrifft. Drei Jahre vorher könnte er so gelaufen sein: Lok-Post4-Pw4ü-C4ü-C4ü-BCü-CR4ü-C4ü. Damit war er auch ein von der DSG bewirtschafteter Zug. Zwar gab es auch schon 1953 einen BR4ü, diese Wagen wurden aber dringend für die blauen F-Züge gebraucht und ist daher unwahrscheinlich, dass solche Wagen in „einfache“ D-Züge eingesetzt wurden. Damit müsste mindestens ein Wagen kein Preuße sein. Eine Möglichkeit, den fehlenden C4ü zu finden, wäre der C4ü-28 (Ep. IIIa), den Minitrix vor wenigen Jahren mal brachte.

Minitrix C4ü-28

Realistischer wäre der Einsatz von Eilzugwagen der 3. Klasse, die aber weder von Roco, Minitrix oder Fleischmann je gebaut wurden, gewesen. Das wäre eventuell noch eine Option für Minitrix bzw. Fleischmann. Minitrix hatte die 30er Bauart im Programm, während Fleischmann die 36er Bauart produzierte. Den passenden Halbspeisewagen CR4ü-30/53 bzw. CR4ü-36/53 hatten beide Firmen in ihren Sonderzugset „DER- Ferienexpress“ dabei, wobei die Fleischmänner bei ihrem Halbspeisewagen das 3. Klasse Schild beim Sitzabteil vergessen hatten. Bleibt noch der Post4: Auch diesen gibt es als Wagen der Deutschen Bundespost: Da besteht die Auswahl zwischen Postwagen von Dingler, Roco und Fleischmann. Dingler baute den kurzen 15m Postwagen, Roco und Fleischmann den Hechtpostwagen, Fleischmann den Postwagen zur 35er Bauart und Roco den Schürzenpostwagen. Meine Wahl würde auf den Hechtpostwagen fallen. Bei der Zugzusammenstellung fiel jedoch der Höhenunterschied bei der Pufferhöhe zwischen dem Hechtpostwagen und den Preußen auf.

Es gibt hier noch eine Alternative: Der Post4-b/21,6 von Fleischmann, der unter der #8635 im Jahre 1996 herauskam.

Er gehört zu der Serie der 35er Schnellzugwagen von Fleischmann, die alle unter der Hochbeinigkeit leiden. Aber in unserem Falle passt er genau von der Höhe.

 

Fleischmann (ex Roco) Post4ü (Hechtwagen)

 

Fleischmann Post4-b/21,7

 

Fleischmann CR4ü-36/53 (rechts fehlt das 3. Klasseschild)

Die vier angebotenen neuen Wagen gehören der Bauart C4ü pr08, (A)BC4ü pr09 und Pw4ü pr 04 an. Alle drei Wagen erscheinen erstmals in Epoche IIIa. Der C4ü pr08 wurde von 1908 bis 1913 mit 632 Wagen in Dienst gestellt und bot 68 Sitzplätze in der Holzklasse an. Einer der beiden C4ü pr08 hat Zugschlussscheiben und eingezogene Faltenbälge. Der BC4ü pr09 war ein ehemaliger ABC4ü pr09, bei dem die 4 Sitzplätze der 1. Klasse zur 2. Klasse umgebaut worden sind, sodass nunmehr 21 Plätze in der 2. Klasse und 32 Plätze in der 3. Klasse zur Verfügung standen. Von dem Wagen wurden 195 Exemplare gebaut. Der Umbau wurde mit einem „X“ hinter der Nummer kenntlich gemacht. Alle Wagen haben eine führende „0“ in der Wagennummer, ein Hinweis darauf, dass die Wagen bald zur Ausmusterung anstanden. Alle Sitzwagen laufen auf den zur Bauzeit neuen Schwanenhals-Drehgestellen. Überflüssig bei allen Wagen ist die seitliche Leiter an dem Sprengwerk. Das ist noch eine Zutat aus Epoche II, wo die Leitern Vorschrift waren. Das wurde Ende der 30er Jahre abgeschafft. Der Packwagen Pw4ü pr04 läuft noch auf den preußischen Regeldrehgestellen und wurde 382 Mal gebaut. Die Packwagen waren übrigens langlebiger als die Sitzwagen, es gibt Fotos von Personenzügen aus den 60er Jahren, wo diese Preußen noch eingesetzt waren. Erstmals ist der Packwagen im DB- Dekor der Epoche IIIa erschienen.

Was auffällt ist das die Wagen keine Eigentumsbezeichnung haben. Dazu ist ein Rückblick in die frühen 50er Jahre erforderlich: Nach dem verlorenen Krieg mussten auf Anordnung der Besatzer alle DR-Kennzeichen (insbesondere die Hoheitsabzeichen (vulgo „Pleitegeier“) gelöscht werden. Also blieb als Eigentums-Kennzeichen nur die Direktionsbezeichnung übrig. Weiterhin gab es 3 Klassen im Angebot, wobei die 1. Klasse nur im Auslandsverkehr eingesetzt wurde. Im Binnenverkehr reichte die 2. und 3. Klasse (Holzklasse) aus, wobei bis Anfang der 50er Jahre lt. Kursbüchern für das pp. Publikum nur die 3. Klasse erlaubt war. Die höheren Klassen waren den Besatzern vorbehalten.

Überdies war die junge DB mit der Beseitigung der Kriegsschäden beschäftigt, zumal sie als einziger Verkehrsträger die Schäden selbst begleichen musste. Hinzu kamen Reparationsforderungen (Wagen, Lokomotiven und Gleise) der Besatzer, was z.B. in der französischen Zone zu Streckenabbau (z.B. Demontage des 2. Gleises) führte. An Neubau von Fahrzeugen im großen Stil war da (noch) nicht zu denken. Also nahm man alles, was fahren konnte, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.

 

BC4ü pr09

 

C4ü pr08

 

C4ü pr08 mit Zugschlussscheiben

 

Pw4ü pr04

 

Fleischmanns neuer Preußenzug

Kommen wir zur angebotenen Lok: Es ist die 39 173, Bw Stuttgart, BD Stuttgart, also eine ehemalige preußische P10. Aus dem Kursbuch können wir entnehmen, dass der D 470 dreimal Lokwechsel hatte: Von Hannover bis Frankfurt war eine BR 01.10 (Bw Bebra, noch als entkleidete Stromlinien Lok mit dem Knubbel (Vorwärmer) über der Rauchkammertür) vorgespannt, zwischen Frankfurt und Offenburg wahrscheinlich eine BR 01 oder BR 03.10 und ab Offenburg über den Schwarzwald nach Konstanz die angebotene BR 39. Ein Blick auf die Laufpläne der BR 39 zeigt tatsächlich, das Stuttgarter P10 bis Konstanz kamen-blöderweise nur nicht ab Offenburg. Sie kamen vielmehr über die Gäubahn Stuttgart-Horb-Rottweil nach Hattingen, wo sie auf die Schwarzwaldbahn stießen. Ab da gab es die gleiche Strecke nach Konstanz. Die Schwarzwaldbahn selber war eine Domäne der BR 39 des Bw Villingen. Das Bw Villingen hatte Mitte der 50er Jahre 17 Loks der BR 39 im Bestand.

Konnte es aber dennoch sein, dass eine Stuttgarter Lok nach Offenburg kam? Ich denke - mit einigen Augenzwinkern - ja! Man stelle sich vor, eine Rückleistung einer Villinger P10 konnte wegen Defekt der Lok in Konstanz nicht angetreten werden, aber es stand eine Stuttgarter Maschine in Konstanz zur Verfügung. Flugs beorderte der Lokleiter des Bw Konstanz die Stuttgarter Lok für einen Zug nach Offenburg. Von Offenburg musste die P10 wieder nach Konstanz zurück fahren, um in den Stuttgarter Plan wieder ein zu springen. Voila, so könnte die Zugleistung der Stuttgarter P10 vor dem D 470 zustande gekommen sein. Eine zweite Theorie könnte auch folgende sein: Die Schwarzwaldstrecke war wegen Unfall oder Unwetter gesperrt und so hat man den Zug an diesem Tag ab Karlsruhe über Stuttgart umgeleitet und ab Stuttgart eine P10 nach Konstanz vorgespannt. Ein Modellbahner sollte immer für solche Fragen plausible Ausreden bei der Hand haben. Das ist aber Geschmacksfrage. Somit wäre die Lokfrage auch geklärt.

Auf eine Besonderheit sei an dieser Stelle hingewiesen: Die neue 39 173 ist um 10 gr leichter als ihre älteren Schwestern. Da hat Fleischmann Beschwerungsgewichte mit neuer Legierung verbaut; die alten bleihaltigen Beschwerungsgewichte dürfen nicht mehr verbaut werden, was sich auch auf die Zugkraft auswirkt. Aber für den von Fleischmann vorgeschlagenen Preußenzug reicht die Zugkraft völlig aus.

 

BR 39 173 mit silbernen Kesselringen

Damit wäre das Rätsel um den D 470, der von Hannover zum Bodensee fuhr, gelöst.

Die D- Züge der frühen 50er Jahre waren den Fotos nach eher bunt zusammen gewürfelte Züge, mit vielen verschiedenen Wagenbauarten, weil eben genommen werden musste, was laufen konnte. Nach Fotos aus der Zeit um 1953 waren häufig Eilzugwagen der DRG- Bauarten eingestellt; neuere D-Zug Wagen waren von den Besatzern für ihre Zwecke beschlagnahmt und standen somit für den Betrieb nicht zur Verfügung und die späteren Standart- 26,4m Wagen waren damals noch im Bau. Ein reiner Preußen-D-Zug in Epoche IIIa gab es Anfang der 50er Jahre ganz, ganz selten. Vielleicht hätte Fleischmann besser als zweiten Sitzwagen einen Eilzugwagen der 36er-Bauart genommen, das wäre m.E. realistischer gewesen.

Wenn jemand der reine Preußen-Zug als D 470 zu langweilig ist, kann er den Packwagen austauschen, z.B. mit dem damals nagelneuen MPw4i-50, den es von Roco gegeben hat. Wenn man sich weiter vom D 470 entfernt, könnte man dem Zug noch das oben erwähnte Zugset „Ferienexpress“ von Fleischmann oder Minitrix beigeben und einen Urlaubs-Wagen in den Schwarzwald und den zweiten zum Bodensee fahren lassen, meinetwegen auch beide Wagen zum Bodensee, dann konnten ja die Schwarzwald-Urlauber z.B. in Hausach, Triberg oder Villingen aussteigen. Man sieht, da ist der Phantasie keine Grenze gesetzt. Bei der Gelegenheit kann der Halbspeisewagen gleich mit eingesetzt werden. Puristen müssten noch das fehlende 3. Klasse Schild beim Fleischmann-Wagen im Sitzabteil nachrüsten.

 

Roco MPw4i-50

 

Fleischmann C4üp-36/51 Ferienexpress

Fleischmanns Preußenzug ergänzt mit C4ü-28 (Minitrix) und CR4ü-36/53 (Fleischmann) - Wagen 3 und 4

Fleischmanns Preußenzug mit MPw4i-50 (Roco), Set Ferienexpress (Fleischmann) und C4ü-28 (Minitrix) - ein bunter Zug der frühen 50er Jahre

Leider gibt es noch Lücken im Angebot von Fahrzeugen der Epoche IIIa, sollten aber lösbar sein, wenn diese Fahrzeuge schon einmal – wie die Preußen-Schnellzugwagen - im Handel als Epoche II-Fahrzeuge waren, wie es hier Fleischmann gemacht hat. Übrigens, die Holz-Preußen erlebten noch die Klassenreform von 1956 und die beiden C4ü pr08 wurden als 2. Klasse-Wagen geführt, kamen aber nur noch vereinzelt in D-Zügen zum Einsatz und konnten eher in Eil- und Personenzügen gesehen werden, wie z.B. im Eilzug E4946/4947 Bonn-Euskirchen-Düren-Aachen, der mit einem Preußen in den 50er Jahren so fuhr. Ende der 50er Jahre war aber Schluss mit Reiszugwagen mit Holzaufbau (aus Sicherheitsgründen wurden diese Wagen verboten) und die Wagen wurden ausgemustert oder als Bauzugwagen weiter verwendet. Dabei wurden die Fahrgestelle der Wagen z. T. für die Umbauwagen weiter verwendet.

Mein Fazit: Ein toller Zug der Epoche IIIa mit kleinen (verschmerzbaren) Schönheitsfehlern, quasi ein Muss für alle Epoche IIIa-Fans.

Klaus Kosack

Lit.: Hansjürgen Wenzel, Die Baureihe 39, Freiburg 1982

Emil Konrad, Reisezugwagen der Länderbahnen, Bd. 1, Preußen, Stuttgart 1982

Alle fünf Fahrzeuge sind ausgeliefert und bei DM Toys erhältlich.

Ein idealer Schnellzug der frühen DB-Epoche III: 713901/713981, 804001, 878001, 878101, 878102

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