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04/2020 von Klaus Kosack

Fleischmanns preußische Abteilwagen

Lange, lange, nämlich über 40 Jahre mussten wir N-Bahner warten, bis endlich in N die typischen preußischen Abteilwagen erschienen. Einmal mehr ist es Fleischmann zu verdanken, dass diese Wagen in N 2010 erschienen. Offenbar gibt es noch immer Nachfrage nach diesen Modellen, sodass sich Fleischmann entschied, die Wagen von 2010 noch einmal (2019) unverändert heraus zu bringen.

Vorbild

Viele der jüngeren Leser haben die Abteilwagen gar nicht mehr erlebt. Daher einige Fakten zu den Wagen. Ab 1885 ließ die K.P.E.V. dreiachsige Abteilwagen bauen, die an der Wagenseite 5 bis 7 Türen aufwiesen. Diese vielen Türen galten dem schnelleren Fahrgastwechsel in den Bahnhöfen und hatten sich durchaus bewährt. Rund 40.000 Abteilwagen beschafften Preußen, Sachsen, Bayern und weitere Länderbahnen sowie die DRG bis 1924. Diese Abteilwagen standen bis in den 60er Jahren im Dienst, mussten dann aber ausgemustert werden, da Reisezugwagen mit Holzaufbau verboten wurden. Zum Teil wurden die Fahrwerke der Abteilwagen zu den Umbau- Dreiachsern *3yge /55 weiterverwendet. Nach 1945 standen der DB noch rd. 4.000 Abteilwagen zur Verfügung; allein diese Menge prägte das Erscheinungsbild  der Personenzüge in den 50er Jahren. Damit ist eigentlich klar, dass diese Abteilwagen für Liebhaber der Epochen II und III unverzichtbar sind.

Die Modelle

Aktuell hat Fleischmann die fünf 2010 erschienenen Abteilwagen verschiedener Bauart 2019 noch einmal unverändert auf den Markt gebracht. Es sind alles Modelle der Epoche IIIb:

  • B3 pr 11 ohne Bremserhaus #807002
  • B3 pr 11 mit Bremserhaus #807001
  • B pr 21 mit Bremserhaus #807101
  • AB3 pr 03 mit Bremserhaus #806501
  • Pw3 pr11a #806801

Nach 2010 gab es auch o.g. Wagen im DRG und KPEV- Dekor. Zu einer DR- Variante hat es bis heute noch nicht gereicht.

Es sind nicht die ersten preußischen Abteilwagen, die als Modell in N erschienen. Auch hier war einmal mehr Fleischmann der Vorreiter: 1971 erschien die Bauart C3 pr89 als DRG- Modelle, die schon zu DRG-Zeiten eher seltene Vögel waren, mit und ohne Bremserhaus. Diese Wagen gab es später in KPEV, SNCF und sogar im DB- Dekor. Die DB-Zeit aber haben nur ganz wenige Wagen erlebt.

Bild 1: Fleischmann B3 pr89 im DB Dekor (unwahrscheinlich, dass es den Wagen so gegeben hat)
Bild 2: Wie vor, jedoch mit Bremserhaus
Bild 3: Fleischmann Pw3 pr 99a der DRG

Als Zweiter brachte 1981 Arnold 3 Dreiachser in den Handel: Im DRG- Dekor erschienen der Pw3 pr02, ein BC3 pr93 ohne Bremserhaus und ein C3tr pr04 mit Bremserhaus. Den Traglastenwagen gab es in einer Zugpackung auch als DB- Version 2. Klasse.

Bild 4: Arnold BC3 pr93 ohne Bremserhaus der DRG
Bild 5: Arnold C3tr pr04 mit Bremserhaus der DRG
Bild 6: Arnold B3tr pr04 mit Bremserhaus DB
Bild 7: Arnold C3tr pr04 ohne Bremserhaus –Umbau Verfasser
Bild 8: Arnold Pw3 pr02

Der Vollständigkeit halber seien noch die sächsischen Abteilwagen mit und ohne Bremserhaus erwähnt. Die C sä 95 mit und ohne Bremserhaus erschienen 1971 und waren bis Mitte der 80er Jahre im Handel. Als kurze 2-achser waren sie für die Windbergbahn vorgesehen.

Bild 9: Die beiden sächsischen Abteilwagen C sä95 DR von Piko DDR

Zurück zu den Fleischmann- Neuheiten 2019:

Hier fällt der AB3 pr03 etwas aus dem Rahmen, da er zu der Vorgängerbauart mit flacheren Dach angehört, die zwischen 1904 und 1907 beschafft wurden. Von diesen Wagen wurden 300 Wagen beschafft. Wesentlich häufiger waren die AB3 pr 07, die zwischen 1907 und 1921 insgesamt mit 1.500 Exemplaren beschafft wurden. Allerdings wurde bei der DB häufig der höherklassige Wagen durch einen Ai-29 (Donnerbüchsenbauart) ersetzt; Abteilwagen der 1. Klasse waren eher selten unterwegs oder wurden in die 2. Klasse abgestuft.

Bild 10: Fleischmann AB3 pr03 mit Bremserhaus der DB

Mit dem B3 pr11 mit und ohne Bremserhaus hat Fleischmann den weltweit häufigsten Personenwagen ausgewählt. Deutsche Bahnen beschafften ihn in 12.300 Exemplaren. Der Wagen hat 6 Abteile, davon 2 für Nichtraucher und 4 für die Raucher.  Die Trennung zwischen den beiden Abteilgruppen machten die beiden Toiletten, die von allen Abteilen mit einem schmalen Gang im Wageninneren erreicht werden konnte. Dadurch sparte sich auch der Schaffner die Turnerei außen von Tür zu Tür. Die Wagen haben die Nummern 059 788 Ffm (mit Bremserhaus) und 058 367 Ffm (ohne Bremserhaus).  Die „0“ vor der Wagennummer bedeutete, dass der Wagen bald zur Ausmusterung anstand.

Bild 11: Fleischmann C3 pr11 ohne Bremserhaus der DB
Bild 12: Fleischmann C3 pr11 mit Bremserhaus der DB

Der o.g. AB3 pr03 trägt die Nummer 32 229 Ffm und gehört einer kleinen Serie an, die 1904 beschafft wurde. Zudem gibt die Wagennummer Probleme: Der Wagen hat die DB noch erlebt, nicht aber die Umzeichnung von BC3 zu AB3. Da war der Wagen schon ausgemustert. Dieser Fauxpas fällt m.E. nur Puristen auf. Der Wagen gehört zu den 3 Klo-Wagen, die beiden mittleren 1. Kl. Abteile haben ein eigenes Klo, ebenso wie die beiden rechts und links daneben liegenden 2. Kl. Abteile. Bei diesen Wagen musste der arme Schaffner sich bei der Fahrkartenkontrolle außen von Abteil zu Abteil bei fahrenden Zug hangeln.

Der vierte Abteilwagen ist der B pr21 mit der Wagennummer 71 384 Ffm. Das war ein Nachbau der DRG, nachdem man versuchsweise bei dem C3 pr11 die Mittelachse ausgebaut und durch ein Sprengwerk ersetzt hatte. Diese Konstruktion funktionierte, und darauf beschloss die DRG aufgrund der Kriegsverluste bzw. Reparationen den Abteilwagen mit 450 Wagen bei unveränderten Wagenkasten des C3 pr11 zu beschaffen. Man konnte so die teure Mittelachse sparen.

Bild 13: Fleischmann B pr21 mit Bremserhaus der DB
Bild 14: Fleischmann B pr21 ohne Bremserhaus der DB (Umbau Verfasser)

Alle Wagen hatten ab Werk ein Bremserhaus. Es zeigte sich aber in den 30er Jahren, dass der Erhaltungsaufwand zu groß war und die Bremserhäuser wurden abgebaut und die Handbremse ins Wageninnere verlegt. Von außen war dies durch einen halbrunde Ausbuchtung an der Stirnwand sichtbar. Dort war die Handbremskurbel verlegt. Nicht bei allen Abteilwagen wurde das Bremserhaus abgebaut, etwa ein knappes Drittel der DB- Abteilwagen hatte Mitte der 50er Jahre noch Bremserhäuser. Zugelassen waren die Abteilwagen für 90 km/h. Das schränkte ihren Einsatz z.B. in Eilzügen ein. Trotzdem gab es im Sommer 1956 sogar Saison-D-Züge von Hamburg in die DDR, in denen nur Abteilwagen eingestellt waren. Solche Züge hatten 15 und mehr Abteilwagen.

Der letzte Wagen im Bunde ist der Pw3 pr11. Das Vorbild wurde 1918 gebaut und die Packwagen überlebten häufig die Abteilwagen, weil bei Packwagen das Einsatzverbot von Wagen mit Holzaufbau nicht galt. Von der Bauart wurden rd. 1.100 Wagen gebaut. Deswegen konnte man bis in die 60er Jahren Personenzüge mit Umbau-3achsern sehen, wo dieser Wagen als Packwagen mitlief.

Bild 15: Fleischmann Pw3 pr11a der DB

Allen fünf Wagen ist gemein, dass sie das gleiche Fahrwerk aufweisen. Das ist durchaus in Ordnung, betrugen doch beim Vorbild die Längenunterschiede bis zu 20 cm, das sind in N nur 1,25 mm. Damit  konnten Kosten für eine Neuentwicklung von Fahrwerken gespart werden, und schlägt sich auch im Verkaufspreis nieder.

Ein grober Mangel fällt bei der Neuheit auf: Die Klassenbezeichnungen sind bei allen Wagen zu tief gerutscht, das hatte Fleischmann bei den Vorgängerwagen schon besser gemacht. Für meinen Geschmack ist das Zuglaufschild Kassel- Frankfurt(M) zu groß geraten. Ansonsten ist die Beschriftung vollständig und fehlerfrei.

Bild 16: Höhe der Klassenschilder (li neuer Abteilwagen, re B3 pr 89)

Eines hat Fleischmann besser gemacht (oder bemerkt): Von den berühmt- berüchtigten gelben Fensterrahmen an den Türen ist man endlich abgekommen. Denn alle Wagen, die nach 1904 gebaut wurden, hatten Metallrahmen, die von außen fast unsichtbar waren.

Auch am Fahrwerk beschritt man neue Wege: Die von außen sichtbaren Batteriekästen sind am Wagenboden eingeklipst, die aber aufgrund der Konstruktion an verschiedenen Stellen angebracht werden können. Für andere Epochen können an der Stelle Gasbehälter angebracht werden.

Bild 17: Fleischmann Abteilwagen von unten

Die Griffstangen zum Bremserhaus sind schwarz brüniert statt silbern wie beim Vorgänger. Am Oberlicht sind die ab 1916 üblichen Wendlersauger angebracht, vergessen hat Fleischmann die Seiten der Oberlichter in Wagenfarbe zu bemalen. Der Farbton entspricht dem Flaschengrün der frühen DB, wobei diese Farbe die Wagen z.T. bis zur Ausmusterung Anfang der 60er Jahre trugen. Eine letzte Bemerkung zu der mittleren Achse der Wagen: Sie ist seitenverschiebbar gelagert in einer Art Kunststoff-Klemne, was Bedenken zur Betriebssicherheit aufkommen lässt. Das kann jedoch nicht bestätigt werden.

Einsatz auf der Modellbahn

Für Epoche III- Fans sind die Wagen unverzichtbar. 1956 gab es durchaus noch reine Abteilwagen-Züge, wo alle 4 Wagen hineinpassen. Meistens wurden die 3achsigen Abteilwagen auf Hauptbahnen eingesetzt. Aber ab Mitte der 50er Jahre wurden mehr und mehr neuere Wagen dazugestellt und die Preußen wurden weniger. Typische Zugloks vor Personenzügen waren die preußische P8 (BR 38.10) oder T18 (BR 78). Natürlich sind vor solchen Zügen auch andere Loks vorstellbar, wie Güterzugloks der Baureihen 41, 42, 50, 52, 56.2 oder 56.20. Nicht zu vergessen Tenderloks, wie z.B. die BRn 64, 65, 75.4, 86 oder 93.5. Für Fans anderer Traktionen seien die Baureihen V36, V100, E32 oder E41 oder E44 genannt. Alle Loks sind bzw. waren in N erhältlich. Man sieht also, hier hat der N- Bahner eine Riesenauswahl.

Mein Fazit

Was fehlt noch? Unverzichtbar ist der am zweitmeisten gebaute Abteilwagen, nämlich der ehemalige 4. Klasse-Wagen der Bauart C3tr pr04/09/13, der 10.300 Mal gebaut wurde und bei Personenzügen auch noch zu DB-Zeiten als Traglastenwagen mitlief. In Personenzügen waren da immer ein bis zwei Wagen mit von der Partie. Auch von dem Wagen ließe sich leicht mehr als 40 Varianten herstellen: 3 Epochen, 2 Epochen ohne Bremserhaus, 3 und 2 Achsen, andere Fenstereinteilung, 3 Länderbahnen, mindestens 8 andere europäische Staatsbahnen in zwei Epochen.  

Gleichermaßen gilt dies für den reinen 2. Klasse Wagen, der ab 1956 als 1. Klasse Wagen firmierte, genauso wie der 3achsige Bahnpostwagen Post3-b/10, der mit 1.000 Wagen der meistgebaute Postwagen weltweit war.

Aber ob die o.g. Wagen jemals realisiert werden? So allmählich gibt der Verfasser nach fast zehn Jahren Wartens die Hoffnung auf. Aber eines ist gewiss: Die nächste Messe in Nürnberg kommt bestimmt.

 

Klaus Kosack

 

Lit.: E. Konrad, Reisezugwagen der deutschen Länderbahnen, Bd. I Preußen, Stuttgart 1982

  1. Diener, Reisezugwagen und Triebwagen der DRG 1930, Krefeld 1983

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