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04/2015 von Klaus Kosack

Mit den Blauen in die Ferien

Mit den Blauen in die Ferien, Touropa-Wagen von Fleischmann 890903 umd 809904

Zum Vorbild
Das 1948 gegründete Unternehmen „DER“ knüpfte an die Reisebüro-Zugangebote aus den 30er Jahren wieder an. Zunächst behalf man sich mit umgebauten Eilzug-Wagen der 3. Klasse, die als Besonderheit Hängematten für die Nachtruhe anboten. Das war wie Vieles Anfang der 50er Jahre  nur ein Behelf. Fleischmann hatte 2014 ein Set mit drei Behelfswagen des DER-Ferienexpress (des unmittelbaren Vorgängers der Touropa) herausgeben. Diese Wagen wurden vom Autor schon im Blog vorgestellt (Fleischmann-867706).

Als 1951 die ersten 26,4m-Wagen in Dienst gestellt wurden, setzten sich die Touropa-Oberen (ab 1951 hieß das Unternehmen „Touropa“) mit der DB und der Wagenfabrik Rathgeber zusammen, um für die erfolgreichen Ferienzüge neue bequemere Wagen zu beschaffen. Heraus kam der erste Liegewagen der DB/Touropa, Eisenbahn-Kennern als CL4ümg-53 bekannt.

Neu war an diesen Wagen, dass sie Plätze und klappbare Liegen für 66 bzw. 72 Personen anboten, darüber hinaus auch mit einen Seitengang, zwei Toiletten, drei Waschräume und einen Gepäckraum ausgestattet waren. Einzelne Wagen hatten bei Ablieferung ein Küchen-, Frisör- oder Übertragungsabteil. Die Wagen waren mit Lautsprechereinrichtungen ausgestattet.

Ab 1953 wurden von Rathgeber, WMD. Credé und Wegmann insgesamt 88 Wagen geliefert, die dann die umgebauten Eilzugwagen ablösen. Da letztere von der DB gemietet waren, gab Touropa diese Wagen an die DB zurück. Die DB baute diese Wagen wieder in normale Eilzugwagen um.

Schon 1953 lief der erste Zug mit den neuen Wagen. Die Wagen liefen auf Minden-Deutz-Drehgestellen, wogen 40t und waren für 140 km/h zugelassen. Besonders ins Auge fiel die Farbgebung der Wagen: Sie waren stahlblau lackiert, ebenso wie die Wagen der F-Züge, hatten aber nur die damalige 3. Klasse. Als Eigentumsmerkmal hatten sie in der Mitte der Fensterreihe das erhabene „DB“ – Logo und in der Wagenbrüstung prangte der Unternehmensname „Touropa“, ebenfalls in erhabenen silberfarbenen Lettern. Elegant sahen diese Wagen durch ihre graue Schürze aus. Die Wagen bekamen von der DB den Nummernbereich 17 001 bis 17 999 zugewiesen. Auch die DB beschaffte selber Liegewagen als CL4ümg-54. Diese unterschieden sich von den Touropa-Wagen u.a. durch die fehlende Schürze.

Mit diesen neuen Wagen konnte der Touristik-Verkehr beschleunigt werden und/oder diese Wagen auch anderen Zügen angehängt werden. Zielgebiete waren zunächst in Deutschland Oberbayern, Allgäu, Schwarzwald  oder auch die Nord- und Ostsee. Später kamen auch Ziele im Ausland hinzu. Es gab Ferienziele, wo komplette Touropa-Züge hinfuhren, oder aber Touropa-Wagen wurden z.B. D-Zügen angehängt. Dafür fuhren diese Reisebüro-Sonderzüge nicht täglich, sondern eher am Wochenende. Die Idee dabei war, dass dadurch die Urlauber über Nacht zum Ferienort fahren konnten und somit einen Urlaubstag gewannen.

Die Touropa-Wagen wurden nach 1960 mehrfach umgebaut, z.T. auch als reine 2. Klasse-Sitzwagen (Bauart Bm 239). 1968 schlossen sich Touropa, Scharnow und Hummel zusammen und gründeten die TUI (Touristik Union International). Kurz danach verschwanden auch die blauen Touropa-Wagen von den Schienen.

Die Vorgänger-Modelle
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein N-Hersteller an Touropa-Wagen heran wagte. Den Anfang machte Arnold schon 1960 und brachte ein stark vereinfachtes und verkürztes (122mm) Modell aus Blech heraus.


Arnolds Touropa-Wagen von 1961

Minitrix folgte 1965 mit einem ansprechenderen, aber auch noch verkürzten Modell aus Plastik.


Minitrix-Touropa-Wagen aus Kunststoff von1965

1973 folgte Fleischmann mit dem Nachfolger-Wagen, nur hatte man als Grundmodell den (falschen) 1. Klasse-Wagen ohne Übersetz-Fenster gewählt. 1985 gab sich Lima die Ehre, auch hier wurde nur ein vereinfachtes, verkürztes und falsches Touropa-Modell angeboten.
1995 kam Roco mit dem ersten maßstäblichen Touropa-Liegewagen auf dem Markt; diesem folgten eine Reihe Varianten. Schließlich kam Minitrix 2005 mit einem Wagenset (incl. Bus) mit maßstäblichen Wagen heraus.


Minitrix- Touropa-Wagen – Sonderserie Set 2005

Seit 2011 kündigt LS-Models einen neueren Touropa-Wagen an. Jüngster Spross sind die Touropa- Wagen von Fleischmann, die seit 2015 im Handel sind.
Insgesamt 18 Touropa N-Wagen sind bekannt, die produziert wurden, darunter drei Sets.


Roco-Touropa-Wagen von 1995

Die „Neuen“ von Fleischmann
2014 wurden in dem Blatt „Herbstneuheiten“ erstmals die Touropa-Wagen von Fleischmann angekündigt, zweifellos waren das die Wagen aus dem Roco-Erbe; im März 2015 wurde der erste Wagen (#890903) ausgeliefert. Gespannt war der Verfasser, was Fleischmann gegenüber dem Roco-Modell geändert hat.


Neuer Fleischmann-Touropa-Wagen 2015, Abteilseite


Neuer Fleischmann-Touropa-Wagen 2015, Gangseite

Nur auf dem ersten Blick gar keine, aber nach genauerer Suche fielen folgende Unterschiede auf: Bei Roco waren die Türgriffe als Einsteckteil bei gepackt, bei dem neuen Modell sind sie angespritzt.

An der Technik der Kurzkupplung hat Fleischmann nichts geändert, ebenso wie die Drehgestelle MD-50, damit passen die Wagen von Roco und Fleischmann gut zusammen.


Kurzkupplung Roco (li) - Fleischmann (re)

Die Beschriftung hat man geändert, waren die Roco-Wagen alle in Hamburg stationiert, hat Fleischmann sie zur BD Essen, Bww Dortmund Hbf beordert.
Neben der Eingangstür prangt jetzt das 2. Klasse-Schild, was bei Roco fehlte. Beim Vorbild hatten die blauen Liegewagen zunächst kein Klassenschild, dies wurde erst Anfang der 60er Jahre angebracht.

Der Wagen hat die Nummer 17 654 Esn und hat damit eine stimmige Nummer. Sie ist eine Zweitbesetzung, zuerst hatte der C4ü- bay08 (Modell von Minitrix) diese Wagen-Nummer gehabt. In Dienst wurde der Wagen 1955 gestellt, da war der alte Bayer schon längst ausgemustert.
Die neuen Fleischmann-Wagen passen nicht zu den bisherigen 26,4m-Modellen von Fleischmann, denn wegen der Drehgestellkonstruktion sind die älteren Fleischmann-Wagen ausgesprochen hochbeinig, wie nachstehendes Foto zusammen mit dem Touropa-Wagen zeigt.


Höhenvergleich Fleischmann-Wagen A4üm-61 und Touropa-Wagen

Hier hilft nur eines: Die Fleischmann 26,4m-Wagen tiefer legen. Dies kann ganz einfach durch den Austausch der Drehgestelle erfolgen: Der Verfasser hatte noch MD-50-Drehgestelle von Atlas/Rivarossi aus den 70er Jahren, die keine Kupplungsaufnahme hatten. Auch das Loch für den Drehzapfen passt.


Höhenvergleich Fleischmann-Wagen A4üm-61 mit Rivarossi-Drehgestellen und Touropa-Wagen

Damit wird der Höhenunterschied schon besser, und wie man sieht, stimmt jetzt die Pufferhöhe.


Höhenvergleich Touropa-Wagen Roco (li) und Fleischmann (re)

Mit den Roco-Touropa-Wagen harmonisieren die Fleischmann-Wagen dagegen ausgezeichnet.

Einsatz auf der Modellbahn
Wie kann man die Touropa-Wagen sinnvoll auf seiner Anlage einsetzen? Wie schon oben beim Vorbild-Teil erwähnt, hat man da viele Möglichkeiten: Zunächst als Touristik-Sonderzug mit 6 bis 8 blauen Wagen, dazu noch ein Speisewagen, da ja Mahlzeiten im Zug im Pauschalpreis einbegriffen waren. Je nach Aufkommen (und Verfügbarkeit) wurde ein meist älterer roter DSG-Speisewagen (Fleischmann, Roco, Minitrix) beigestellt, oder auch ein ISG-Speisewagen (Arnold, Rivarossi) gemietet. Bei weniger Aufkommen reichte auch ein Halbspeisewagen, wie der im DER-Ferienexpress (s.o.) enthalten ist.
Als Zuglok kommen je nach Epoche Dampfloks (z.B. BR 01, 01.10, 03, 03.10, 18.5, 23, 38.10, 39, 41 oder 50) in Frage, wer lieber Dieselloks mag, kann auf die V 200 oder V 100 in Doppeltraktion) zurückgreifen. Ellok- Freunde können ihre E10, E16, E17, E18, E40, E41, E44 oder E44.5 einsetzen. (Alle erwähnten Loks gibt es/ gab es in N)
Wer weniger Platz hat, kann den Wagen auch als Kurswagen einsetzen: Bekannt sind Gespanne mit der zweiachsigen E69 (Neuheit von Fleischmann!9 undsogar mit dem Schienenbus VT 98 oder aber an normalen Personen- oder Eilzügen angehängt. Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Irgendwie mussten ja die Urlauber an ihre Ferienorte kommen…

Mein Fazit
Mit dem neuen Touropa-Wagen hat Fleischmann mit relativ wenig Aufwand den Roco-Liegewagen wieder ins Programm genommen, allerdings zu einem ambitionierten Preis, der gut doppelt so hoch liegt, als noch vor wenigen Jahren die Roco-Wagen verkauft wurden. Der Wagen ist natürlich bei DM Toys erhältlich.

Klaus Kosack


Lit.:
Wagen für Europa = EK- Spezial 74, Freiburg 2004
Mit der Bahn in den Urlaub = EK Spezial 114, Freiburg 2014
M. Meinhold, 66 Reisezüge für Modellbahner, Nürnberg 2009
M. Meinhold, Roco goes to Ruhpolding, in MIBA 11/1994, S. 22
H. J. Obermayer, Taschenbuch Deutsche Reisezugwagen, Stuttgart 1978
W. Klee, Schöne Ferien, die Geschichte  des organisierten Bahn- Tourismus, in EJ 11/1995, S. 6




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